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NedniH-Schmöh 423 Nednntz-Schmöh
tauschte, von wo er 1844 die Universität
München bezog, auf der er, mit AuS>
nähme eines Semesters in Erlangen,
Philosophie und die Nechtswissenschaften
studirte. Im Jahre 1846 kehrte er auf
den Wunsch seiner Eltern nach Speyer
zurück, um sich für den Eintritt in den
Staatsdienst vorzubereiten. Er nahm
nun als Rechtspraktikant die puristische
Praxis, und zwar 1846 und 1847 zu
Speyer, 1848 und 1849 zu Kaisers-
lautern, wo er, nachdem er die Staats»
concursprüfung abgelegt, auch seinen
Wohnfitz aufschlug. Nachdem cr nach dem
Tode seines Vaters die Laufbahn in der
judiciellen Sphäre des Staatsdienstes
aufgegeben, ging er 1880 nach Bonn,
wo er unter S imrock mittelhoch»
deutsche Sprache und Literatur studirte,
und sich zum Antritte einer Professur
vorbereitete. I n der Zwischenzeit. 1849,
war sein Gedicht „Amaranth" erschienen.
Diese Dichtung, welche bald den Gegen»
stand eingehender Kritik in den Iouma»
len aller Farben bildete, siel in eine
eigenthümliche Zeit. Nach der leiden-
schaftlichen Aufregung der vorausgegan»
genen Jahre war unter den Kämpfern
für Freiheit und Recht, die nicht geradezu
besiegt, aber erschöpft waren, eine gei>
stige Ermattung eingetreten, in Folge
welcher die Pietisten und Feudalen, die
während der BewegungSjahre sich ver>
krochen und auf diese Reaction gelauert
hatten, nun mehr weniger auf den
Kampfplatz — denn zu kämpfen galt es
im Augenblicke nicht — sondern in
den Vordergrund traten und jetzt die
erste Rolle spielten. Das war so in
Deutschland, noch mehr aber in Oester«
reich, wo mit der Vernichtung jedeS
nationalen Selbstgefühls auch in den
Angelegenheiten der Kirche eine Wen»
dun'g eintrat, durch welche auch der letzte, wenngleich schon sehr geringe Rest
der freiheitlichen Iosephinischen Traditio»
ten verwischt werden sollte. Für die
nicht so zahlreichen, aber um so mächti»
geren Anhänger dieser Richtung war
„Amaranlh" eine hochwillkommene Er-
scheinung. Die darin herrschende weiche,
melancholische Stimmung, die süße, me-
lodiscbe Form, verbunden mit dem chri>
stelnden — nicht christlichen — Gedan»
keN'Inhalte wurde von dieser Partei mit
verklärtem Blicke begrüßt, es war, als
wäre in dem Lyriker Redwitz ein neuer
Thomas von Kempis erstanden. Die
gute Gesellschaft Wiens, die sich um
Gri l lparzer , Nikolaus Lenan, Ana>
stastus Grün . Karl Beck. Gottfried
von Leitner, Egon Ebertu, A. nie viel
gekümmelt, auf die sie als ihre Angehö»
rigen stolz sein mußte, schwärmte für den
fränkischen Poeten, für den Apoll aus
Bayern, „dessen Sonnenrose, wie ein
Kritiker Red Witz' bemerkt, die demokra«
tischen Nebel zertheilten. Von hoher ein.
flußreicher Seite wurde der Wunsch auö>
gesprochen, dem Dichter Nedwitz in
Oesterreich eine zweite Heimal zu schaf-
fen, und durch seine Berufung nach Wien
den literarischen Kreisen der Residenz,
denen damals jeder Mittelpunct fehlte,
einen solchen zu geben und in solcher
Weise einen Umschwung der Geister zu
schaffen. „Neowih sollte, wie einst die
Gebrüder Schleg el. in Wien auf eine
Verbesserung des Geschmackes im
Sinne der Kirche hinarbeiten. Leo
Graf Thun, in jener Zeit k. k. österrei»
chischer Unteriichtsminister, kannte ebenso
wohl die Stimmung, die in den vorci»
wähnten Kreisen über den Dichter die
herrschende war, als ihm auch der von
hoher Seite ausgesprochene Wunsch, den
Dichter für Oesterreich zu gewinnen,
nicht fremd geblieben war. Dieser, dem
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Rasner-Rhederer, Volume 25
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Rasner-Rhederer
- Volume
- 25
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1868
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 446
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon