Page - 287 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Rhedey-Rosenauer, Volume 26
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erziehen. Er wurde in Sprachen, der
italienischen, französischen und englischen
und in der Musik grĂĽndlich unterrichtet
und trat nach beendeten Gymnasialste
dien in daS seiner Zeit rĂĽhmlichst be.
kannte GroĂźhandlungshaus seines On-
kels, des k. k. Hofbankiers Melchior
Ritter von Steiner in Wien, in wel»
chem er durch 42 Jahre ununterbrochen
als Buchhalter und Procuraführer ar«
beitete und wahrend dieser Zeit groĂźe
Geschäftsreisen nach Deutschland, Frank-
reich, England und Italien unternahm.
Im Jahre 1838 zog sich N. in's Privat-
leben zurĂĽck, um sich ganzlich literarischon
Beschäftigungen zu widmen. Er begann
nun aus Neigung sĂĽr Literatur und
Wissenschaft — und mit nicht geringen
Opfern — buchhändlerische Unterneh«
mungen. Zu gleicher Zeit beschäftigte er
sich selbst mit kleineren poetischen Arbei-
ten, deren einige in früheren österreichi-
schen Almanachen abgedruckt stehen.
Rokert hatte sich mit Franz Här.
ter, der sich am 4. November 1324 im
Prater erschossen, affociirt, und kostspie-
lige Unternehmungen, die, ohne sich zu
verzinsen, immer nur neue Opfer er»
heischten, so z. B. H o r m a y r ' s
„Archiv", dessen „Taschenbuch für vater»
ländische Geschichte", dessen „Geschichte
der Stadt Wien" u. s. w. in den Ver-
lag ĂĽbernommen. Ganz auf eigene
Rechnung gab Rokert das seiner Zeit
ungemein beliebte Taschenbuch „Vesta.
Klliin Halle kĂĽr dentche Knnst und Meratur",
I.—VI. Jahrgang (Wien 1831—36.
46".), ein Vorläufer des nachherigen
„Rheinischen Taschenbuches" , heraus.
Die Kupfer der Vefta, im Ganzen 42.
äußerst nett gestochene Blätter nach von
Rokert für dasselbe bestellten Original«
bildern von End er, Nieder, Fendi,
Gauermann, Schwemminger, Wald mĂĽller u. A. sind selten und
werden von Sammlern gesucht, namentlich
die ersten AbdrĂĽcke auf englischem Ve-
lin in Folio. Sechs Jahrgänge hielt
Rokert aus, endlich stellten sich Aus-
gäbe und Einnahme bei dem Unterneh-
men so entschieden zum Nachtheile der
letzteren, daĂź R. es fallen lassen muĂźte.
Nun zog sich R. auch von allen buch»
händlerischen Geschäften zurück und
lebte im freundschaftlichsten Verkehre
mit Graffei-, Ni t t ig von Flam men-
stein u. A. als Privatmann, mit feinen
naturgeschichtlichen Sammlungen von
Vögeln, Mineralien u.dgl.in.beschäftigt
Um die Mitte der Vierziger.Iahre kaufte
er bei Stadt Steyr in Obcrösterreich
eine kleine Besitzung, auf welcher er
mehrere Jahre verlebte. Zunehmender
Kränklichkeit wegen verkaufte er sie und
kehrte wieder nacb Wien zurĂĽck, wo er
aber bald darauf starb. Gräffer
schreibt über ihn: „Die Anstrengungen
und Aufopferungen dieses wackeren
Mannes fĂĽr einheimische Literatur und
Kunst müssen von Allen, welche nähere
KenntniĂź davon haben, anerkannt und
hochgeschätzt werden. Sein Charakter
war die Humanität selbst, Wohlwollen,
Vertrauen, Innigkeit, Edelmuth, Herz-
lichkeit zeichneten diesen Biedermann
aus. Zu seinen Verdiensten als Men-
schenfreund und Staatsbürger gehört
unter Anderem, daĂź er KĂĽnstler, Schrift,
steller, Buchdrucker, Fabrikanten, Hand-
werker u. s. w. unermĂĽdlich unterstĂĽtzte
mit Rath und That, mit Arbeit und
GeldvorschuĂź; und wenn auch in seinem
edlen Zutrauen oft bitter getäuscht, doch
den Glauben an die Rechtlichkeit nicht
verlor. Wie häusig und schnöde jene
unerschöpfliche Herzensgüte auch miß-
braucht worden, stets blieb sie uner-
schĂĽttert. Unter Jenen, die er mit seinen
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Rhedey-Rosenauer, Volume 26
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Rhedey-Rosenauer
- Volume
- 26
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1874
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 436
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon