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Sllchsen-Eeschen Z6 Sachsen-Tefchen
thätig und deren Eifer für des Sonde«
räns Interesse unermüdet ist, sich alle
Mühe geben, das Publicum auf ihre
Seite zu ziehen. So widersinnig auch
immer ihre Gründe und Beweise sind,
so betäuben sie dennoch nicht nur das
gemeine, sondern selbst das über das
Gemeine erhabene Publicum; weil Vw.
Majestät Minister, Residenten und Agen
ten zu wenige; die Wenigen auf die
Controversen nicht durchgängig wohl
instruirt und auch nicht allzeit sich da
befinden, wo sie wirken können und sollen.
Es ist für Ew. Majestät Interesse äußerst
wichtig, daß auf diesen Gegenstand meh
rere Sorgfalt verwendet und solche Man
ner in größerer Zahl auf- und angestellt
werden, welche Kopf, Geist und Muth
genug beschen, denen ausgestreuten bos
haften Verleumdungen Einhalt zu thun
und mit hinlänglichem Witze. Wahrheit
und Scharfsinne zu begegnen, — die
Schriftsteller und Zeitungsschreiber auf
ihre Seite zu ziehen wissen und durch
Geld dasjenige erhalten, was auch leider
die bündigsten Vernunftschlüffe öfters
nicht zu erhalten vermögen. — Diese
Bemerkung ist von der höchsten Wichtig-
keit und die Haupttriebfeder des kön.
preußischen Cabinets, durch welches das»
selbe Unrecht zu Recht, Laster zur Tugend,
Betrug zur Klugheit. Unthätigkeit zur
Thätigkeit umschafft, das Publicum ver>
blendet und ungestrafft seiner Alliirten
und des del..'schen Reickes spottet!
Wahrlich, die gute Sache, Ew. Majestät,
verdient Aufmerksamkeit und Aufmunte«
rung. aber nur durch Thätigkeit kann man
der Thätigkeit begegnen und mit anhalten-
der Unthatigkeit geht die beste Sache ver«
loren." Wie bemerkt worden, zog sich der
Herzog Albrecht seit 1794 von aller
militärischen, überhaupt öffentlichen Thä<
tigkeit zurück und lebte mit feiner Gattin in Wien ein durch schmerzliche Erinnerun-
gen vielfach getrübtes Stillleben. Schon
wenige Jahre darnach, am 24. Juni
1798, verlor er seine Gemalin im Alter
von 56 Jahren, er folgte ihr 24 Jahre
später im hohen Alter von 84 Jahren.
Adam Wol f f in seinem Werke: „Marie
Christine, Erzherzogin von Oesterreich"
entrollt ein meisterhaftes Bild dieser
edlen Fürstin, welche der Liebsing der
Mutter war, die ihr nach der Heirath
einen Brief schrieb, den jede Mutter,
nicht bloS eine fürstliche, ihrer Tochter,
wenn sie zur Ehe schreitet, als köstlichste
Brautgabe mitgeben sollte. Jede für
erwachsene Mädchen oder junge Frau
bestimmte Anthologie von Lefestücken
sollte sich dieses köstliche Schriftstück,
welches Adatw Wolff in seinem schon
genannten Werke dem vollen Wortlaute
nach mittheilt, nicht entgehen lassen. Die
Ehe des Herzogs mit Christinen war
eine musterhafte, der Herzog war sich deS
Kleinods, das er in seiner ausgezeichneten
Frau besaß, in vollem Werthe bewußt.
Mit Christinens Tode betrachtete er
sein Leben abgeschlossen; es hatte für
ihn keine Bedeutung mehr in der Gegen-
wart; nur die Erinnerung an eine kost«
lich verlebte Vergangenheit, die zuver«
sichtliche Hoffnung auf die Wiedervereini«
gung mit der Verklärten hielt ihn auf-
recht. Der Herzog wollte in Hinkunft
nur in Ruhe und in der Betrachtung
leben, wie er denselben Weg gehen werde,
uf dem seine Frau ihm vorausgegangen
war. Selbst seine Memoiren, die er bis
dahin gewissenhaft und mit einer Sorg.
'alt fortgeführt, daß sie nach dem AuS-
pruche Ad. Wolff 's ohne weiters dem
Drucke übergeben werden konnten, schloß
er mit Christinens Tode ab. Die
ehren Worte deS Tagebuches enthalten
einen rührenden Nachruf an Sie, worin
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Saal-Sawiczewski, Volume 28
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Saal-Sawiczewski
- Volume
- 28
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1874
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 414
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon