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keit, die Zustandsregung, hingegen die
Selbstlaute den Bestand oder Selbst,
stand des Wesens bezeichnen. I n Verfolg
dessen fand er. daß der polniscke Sprach
geist das Subjective von dem Objectiven,
d. i. daS zusländlicke innere Leben, von
dem gegenständlichen, wandelnden über>
aus streng unterscheidet, und demzu.
folge werden z. B. überall, wo sich der
Sinn der Rede auf daS Zl>standlicke,
Innere, Eubjective bezieht, geschmolzene
Laute angewendet; hingegen, wo der
Sinn der Rede das Außenleben. daS
Unbedingte, daS Objective betrifft, da
kommen einfache, ungeschmolzene Laute
in Anwendung. Bei Anwendung dieser
Grundsatze mußten natürlicher Weise alle
grammatikalischen Formen einen anderen
Sinn und eine andere Richtschnur zur
Beurtheilung ihrer Regeln erhalten, und
auch die meisten,, aus fremden Sprachen
in die polnische Grammatik eingeschwarz-
ten Normen aufgegeben werden. Auch
war eS nothwendig, die Wahrheit dieser
Grundsahe praktisch nach allen sprach«
lichen Lebensverhältnissen deS Polen zu
erhärten. Ts mußten alle socialen, reli«
giosen und politischen Verhältnisse in
ihrer Genesis erfaßt, in die For-m einer
grammatikalischen Abhandlung einge»
zwangt und nach jenen Principien be»
leuchtet und erwiesen werden. Das Werk
ist in den Jahren 1842 und 1843 in
zwei Bänden erschienen. Es war in
deutscher Sprache verfaßt, um vor dem
Forum der deutschen Forscher geprüft zu
werden; aber der Deutsche mochte es
nicht lesen, weil es über Polen handelte,
der Pole nicht, weil es deutfcd war. S.
verfaßte nun einen gedrängten syntheti«
schen AuSzug in polnischer Spracve und
gab diesen in zwei Heften unter dem
Titel: „Nauka^^kH xolskikZo" (Lern-
berg 1844-l843. Piller. 8".) heraus. welche gleichfalls unbeachtet blieben, sowie
seine deutsche Abhandlung: „Wie der pol.
Nische Sprachgeist die Urgeschichte des sla.
vischen Volkes auffaßt", welche im Jahre
183l in einer besonderen Broschüre er«
schien. So kam das Jahr 1848 heran, in
welchem S. die Redaction der „Ag^etH
lnowska," trotz der Verwünschungen
seiner Landsleute übernahm. Alle Schrift-
steller versagten ihre Mitwirkung, und
da in Kürze die Revolution auSbrach, so
verließen bald da> auf der Redacteur deS
belletristischen Beiblattes, derAdministra-
tor, der Redacteur der deutschen Zeitung,
ja sogar der Casfier das mit einer Schul»
denlast von 17.000 fi. C. M. von Graf
S tad ion gegründete Redactionsinsti»
tut. Dabei war die Anzahl der Abon.
nenten von 2000 auf 300 und etliche
wegen der regierungsfreundlichen Ten»
denz deS Blattes herabgesunken. Mit
Hilfe einiger Studenten und ohne irgend
eine Subvention der Regierung erschien
daS Blatt statt dreimal die Woche nun
täglich, daS belletristische Beiblatt wurde
fortgesetzt, nebstdem ein neues Wochen«
blatt: „voäatb^ t?3oäii5o^", wel.
cheS die Ergebnisse der österreichischen
Staatsverwaltung in Galizien gegenüber
denen unter der vormaligen Polenherr»
schaft behandelte, gegründet, und obwohl
die Abonnentm^ahl nie über 400 ge«
wachsen, so wurden doch binnen 14 Iah«
ren die Zinsen abgetragen, die Schulden»
last getilgt, die Gchalte regelmäßig auS»
gezahlt und die Druckkosten vollkommen
beglichen, ja noch ein Reservefond von
über 6000 fi. zurückgelegt. DaS AlleS
war aber nur möglich geworden, da S.
die ganze Redaction unentgeltlich be»
sorgte, selbst alle Artikel ausarbeitete und
nie ein Honorar dafür in Anspruch nahm,
'elbst die Administration und das Ge«
ch.iftsbuch führte und in allem die strengste
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Saal-Sawiczewski, Volume 28
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Saal-Sawiczewski
- Volume
- 28
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1874
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 414
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon