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von mancher Verirrung frei erhalten".
Mehrere Jahre hielt er wohl in diesem
Geschäfte aus, aber mit der wachsenden
Erkenntniß und mit dem damit verbünde«
nen Bildungsdrange sagte ihm dasselbe
mit jedem Tage weniger zu. „Meine hie«
fige Lage", schreibt er in einem Briefe
vom 20. December 1824 seinem Bruder
An ton : „wird mir mit jedem Tage
lästiger, indem ich zu diesem Geschäfte,
das ein Schusterjunge ebenso gut oder
besser versehen kann, als ich, gar nicht
tauge, und ich es leider erkennen muß,
daß bei diesem ewigen Nichtsthun auch
mein Eifer und meine Wißbegierde erkal«
ten. Leider wählte ich diesen Stand in
einer Zeit, wo mir die reifliche Ueber-
legung fehlte, und eS fiel auch Nieman»
den bei, mich prüfen zu helfen oder mir
zu widerrathen!" I m Jahre 4823 kam
S. nach Wien und die Residenz sollte
nun sein bleibender Aufenthalt werden.
Daselbst bekam er bald eine Stelle in
einer Papierhandlung, welche er bis
1839 ununterbrochen inne hatte. Wenn
auch widerwillig, fügte er sich denn doch
den Anforderungen der praktischen Welt.!
I n diese Zeit fallen einige, des Dichters ^
Herz tief berührende Ereignisse, der Tod !
feiner Mutter, der bald nach seiner An« ^
kunft in Wien erfolgte, und zwei Jahre ^
spater der seines jüngsten und liebsten!
Bruders Ludwig, der in seinen Armen
im Jahre 1827 starb. Ein tiefer greifen.!
des Ercigniß aber war seine verschwiegene
Liebe zur Braut seines ältesten Bruders,
mit der er einen vertraulichen Briefwech»
sel unterhielt, der jedoch zur Mittheilung
ungeeignet erscheint. Sein Gemüthszu»
stand, durch verfehlte Hoffnungen tief
verdüstert und oft so machtig erschüttert,
daß er sogar an Selbstmord dachte und
durch Einschnitte in seinen Arm die Adern
zu öffnen versuchte, schien in der Poesie Beruhigung zu suchen, denn in diese Zeit
fallen seine ersten poetischen Versuche.
Indessen hatte er auch sein kleines Erbe
„in Folge seines leichten Sinnes und
seiner oft unglücklich gewählten Gesell«
schaft. die ihn mißbrauchte", ganzlich
aufgezehrt. Und so lebte er mit getäusch,
ten Hoffnungen, von einer unglücklichen
Liebe zu tiefst verwundet, von dem klei-
nen Einkommen, das ihm sein Dienst
abwarf. I n jenen Tagen gänzlicher Ver«
armung war er mit den ersten Schöpfun»
gen seiner Phantasie, welche zerstreut in
Wiener Journalen 'erschienen, aufgetre»
ten. Seine Stelle in der Papierhandlung
hatte er im Jahre 1839 verloren und S.
war nun zu seinen Verwandten gereist,
hatte sich aber auf der Reise bei einem
unglücklichen Sturze über eine Mauer zu
Hallstadt so schwer verletzt, daß er bis
an sein Lebensende hinkte. Jetzt lebte er
von der geringen Beschäftigung, die ihm
Friedrich Wit thauer und Dr. August
Schmidt, Ersterer bei der Redaction
der von ihm herausgegebenen „Wiener
Zeitschrift". Letzterer bei seiner „Musik-
Zeitung", geben konnten. Den Antrag,
einen Kanzleiposten zu Mitterfill im
Salzburgischen anzunehmen, schlug er
auS; er hungerte lieber in Wien. Seine
in dieser Zeit vereinzelt veröffentlichten
Gedichte machten ihm viele Freunde. In-
dessen besserten sich seine materiellen Ver<
haltnijse um nichts, er blieb arm; aber
in seiner Armuth theilte er oft seinen
letzten Kreuzer und sein letztes Hemd mit
sogenannten Freunden, die seine Güte
oft mißbrauchten. Endlich erhielt er
über Verwendung des Dichters Halm
eine Stelle bei der niederösterreichiscyerr
securanz«Gesellschaft mit einer Befol.
düng von 300 fl.. welche im Laufe der
Jahre auf 300 fl. erhöht wurde. Von
diesem Betrage fristete S. sein Leben,
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Saal-Sawiczewski, Volume 28
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Saal-Sawiczewski
- Volume
- 28
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1874
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 414
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon