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welches aber immer eigentlich erst am
Abend begann, wenn er im Kreise seiner
Bekannten in Lerchenfeld im Gasthaufe
„zur blauen Flasche" seinem Humor die
Zügel schießen ließ oder über Aufforde
rung seine poetischen Arbeiten vortragen
mußte: Ueber sein Leben in diesem Kreise
schreibt sein Freund und Biograph I u
liuS von der T raun : „Freilich fehlte
es in diesem Kreise sonst achtbarer Bürger
auch nicht an Schmeißfliegen, denen der
, burleske cynische Sonderling" lieber
war. als der Dichter Sauter. Doch
redliche Achtung der Besseren des Kreises
schützte ihn und heilte schnell die Wunden,
die muthwillige und übermüthige Buben
seinem leicht versöhnlichen Herzen geschla»
gen hatten. Oft aber preßten ihm solche
Beleidigungen bittere Thränen aus. I n
solchen Augenblicken fühlte er schmerz«
lich, daß nur seine selbstverschuldete Le«
bensstellung ihn diesen Angriffen bloß»
stellte." In dieser Weise, nur manchmal
„die blaue Flasche" mit dem schüttigen
Gastgarten des alten Klosterhofes zu
Weinhaus vertauschend, wo er dann in
Einsamkeit feiner Muse Audienz gab,
lebte S. fort, als im Jahre 4834 die
Cholera, welche wieder Wien heimsuchte,
auch den Dichter, der sich vor der Seuche
sehr fürchtete, in nicht geringen Schrecken
versetzte. Als ihn junge Aerzte im Gasthofe
mit der Prophezeiung neckten, daß er der
Seuche nicht entgehen werde und ihrem
Seccirmefser verfallen müsse, entgegnete
Sauter in heftigster Weise, „daß sie
seinen Körper nicht verletzen dürfen",
und in einen Strom von Thränen aus«
brechend, rief er aus: „ Ihr dürft mich
nicht bekommen, Ihr dürft mich nicht".
Ob fie ihn für den Seccirtisch bekamen,
weiß Herausgeber dieses Lexikons nicht;
aber die Seuche bekam ihn. Er war nach
Hernals, einem der Wien zunächst liegen« den Vororte, gezogen. Da starb am
27. October d. I . der daselbst wohnende
Jugendschriftsteller Ebersberg ^Bd. I I I ,
S. 41H an der Cholera. S. begleitete
am 29. die Leiche des Verblichenen zu
ihrer letzten Ruhestätte; aber noch am
Abende desselben Tages erkrankte er selbst
an der Seuche, wurde in das improvisirte
Choleraspital gebracht, das zu Dornbach
war aufgestellt worden, aber schon am
anderen Tage erlag er der Seuche. Er
wurde auf dem Hernalser, Friedhofe be»
stattet. Wenige Monate früher, als erden«
selben besuchte, nachdem er einer Leiche
die letzte Ehre erwiesen, gefiel ihm dieser
Ort des Friedens. „Ein freundlicher Ort",
bemerkte er zu seinem Begleiter, „dort
der Galizinberg, rechts das Kahlengebirge,
hier Bäume und Blumen. Hier möchte
ich einst begraben sein." Auf die Ent«
gegnung seines Begleiters, „daß der
Währinger« Friedhof doch viel schöner
sei", erwiederte Sauter : „Schubert,
Beethoven sind wohl dort, es ist mir
aber dort zu aristokratisch — zu viele
Monumente". Eine Schaar erlesener
Freunde begleitete S.'s Leiche zu Grabe.
Der dramatische Schriftsteller Friedrich
Kaiser sBd. X, S. 360) sprach am
Grabe Worte der Erinnerung; ein Freund
hatte die Bahre des Dichters mit einem
Lorbeerkranze geschmückt und ein Doppel«
quartett sandte dem Verewigten die
wehmüthigen Klänge der Trauer nach.
„Ein Freund", „berichtet Ju l i us von
der T raun , „bat den Tydtengräber,
eine Locke von Sauter's Haaren abzu«
schneiden; er werde sie abholen. Als er
sie andern Tages abverlangte', erzählte
der Todiengräber, eine schwarzgekleidete
Dame, 40—30 Jahre alt, habe die Locke
bereits in Empfang genommen. Niemand
weih, wer diese Dame gewesen. Der Dich.
ter hätte sie vielleicht aus längstvergan-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Saal-Sawiczewski, Volume 28
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Saal-Sawiczewski
- Volume
- 28
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1874
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 414
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon