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Schikanedcr 303 Schikaneder
das Zwerchfell, aber die Mache hatte S.
heraus, er kannte die Bretter, welche
die Welt bedeuten und kannte die Men»
schen, welche auf den Brettern suchen,
was sie in der Welt nicht finden. Ueber
Schikaneder's Charakter ist Manches
geschrieben und seine Gewissenlosigkeit
gegen Mozar t ihm höher angerechnet
worden, als es recht ist. S. hat gegen
Mozar t gehandelt wie ein Komödiant,
deßwegen war er durchaus kein böser,
hinterlistiger, tückischer Mensch; er war
überhaupt nur. wie ihn Mozar t , der
doch mit ihm befreundet war, leichthin,
ohne eS gar zu ernst zu meinen, nannte:
ein Lump. Schmidr-Weissenfels
schildert ihn zutreffend:. ein Mann der
Speculation und daher der Schulden,
ein Gourmand wie Einer, verliebt, witzig
und Schauspieler bis zum Schlafengehen
(ein wahrhaft geflügeltes Wort). Er hatte
Helden gespielt und tragische Rollen,
dann hatte er als Komiker die Wiener
entzückt, als Possenschreiber seine Beliebt-
heit erhöht, als Scbauspieldirector zuletzt
daS glücklichste Talent eines solchen ent-
faltet. Schikaneder war der Mann
deS Tages in Wien; die genialen Lieder«
lichen, die Künstler und Cavaliere waren
seine Freunde, die besten Gasthäuser seine
Ruhepuncte, die Frauen die Spielbälle
seiner Launen. Er verstand, sybaritischen
Luxus zu entfalten, immer Geld zu haben,
immer lustig zu sein; er aß sehr oft. sehr
gut und trank dazu sehr viel. daher war
er auch sehr dick und fett. Seine Equi»
pagen waren fürstlich, seine Geliebte
kannte die Kunst, ihn zu ruiniren, seine
Tafel war immer offen und cardina«
lisch. Er liebte nie allein zu sein, am
allerwenigsten beim Essen; dazu hatte
er seine Gäste, lauter feste Trinker und
siotte Geister, worunter auch Mozar t
gehörte (den er noch in Salzburg kennen
v. Wurzbach, biogr. Lonton XXIX. gelernt,, wo dieser für ihn im Jahre
4780 die zweiactige Oper „Zaide" com«
ponirt hatte). S. war der beste Gesell«
schafter, unermüdlich im Erzählen seiner
Abenteuer und von Schnurren, Schwä«
chen hatte er natürlich zahllose; er schrieb
z. B. Opernterte, bildete sich ein, nicht
allein ein großer Schauspieler, ein großer
Dichter, sondern auch ein großer Sänger
und Musiker zu sein. Singen konnte er
wie eine Krähe und seine Musikkenntnisse
entsprachen der Klaviatur eines 3eier<
kastens (hier geht Schmidt-Weifsen-
fels offenbar zu weit; Schikaneder
war wirklich ein bedeutender Schauspie«
ler. namentlich Komiker, und ein ganz
tüchtiger Musiker). Er hatte in Allem
einen glücklichen Instinct für Volks-
thümlicheS und war reich an Ideen,
welche in der Bearbeitung eines GenieS
zu großartigen Erfolgen werden konnten.
Wenn nicht besondere Capricen der Liebe,
der Gourmandize und der Kunst ihn plag«
ten, war Politik sein Lieblingsthema. Jede
Rede. er mochte eine große Weltbegeben«
heit berichten oder eine noch größere
prophezeien, begleitete er mit den effect»
reichen Worten: „Ich sag' Ihnen, wir
werden noch Etwas erleben", dann blies
er die Backen auf und er hatte ordent«
liche, stieß ein tragisches „Puh" heraus
und stärkte sich durch einen halben Fasan
und eine Flasche Champagner". So
Schmidt -Weissenfe lS" . —> Als
Schauspieler war S. gar nicht so unbe-
deutend, wie man im Allgemeinen es
glauben machen will. Ein zeitgenössisches
Werk. welches kurze, aber treffende Cha-
rakteristiken deutscher Schauspieler in den
Achtziger.Iahren des vorigen Iahrhun«
derts enthält, bezeichnet ihn als „einen
Principial, der in der Wahl seiner Stücke
nicht nur sehr sorgfältig, sondern der
auch jeden seiner Acteurs an seinen
4.April 1375.) 20
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sax-Schimpf, Volume 29
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Sax-Schimpf
- Volume
- 29
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1875
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 374
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon