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Schlegel Schlegel
mehreren Richtungen hin Verdienstliches
geleistet, aber am wenigsten in der, in
welcher er sich am meisten zu Gute that.
als Dichter. „Fr. Schlegel", charakte-
risirt ihn Goedeke treffend, „war kein
Dichter. . . < Daß dennoch unter den klei»
nen Gedichten mitunter voller poetischer
Klang vernehmbar wird. soll nicht ge<
leugnet werden, aber ein paar Lieder
verschwinden im Vergleiche mit den An-
sprächen, die Schlegel als Dichter
machte und dem Rufe, den sein anspruchs-
volles Auftreten erzeugte. Sein Trauer-
spiel „Alarcos" , daS Goethe nach.
giebig und nicht eben zum Frommen des
Verfassers oder der Schule auf die Bühne
brachte, bietet ein so grauenvolles Ge>
misch der Formen und des Widerspenstig,
sten, daß es recht in Wahrheit als Aus-
druck des Mißverhältnisses zwischen Wil-
len und Kunstvermögen der Romantiker
und im Allgemeinen als Vertreter der
romantischen Weltverirrung gelten kann.
I n seinem Romanfragmente „Lucinde"
versuchte es S.. auszuführen, daß die
freie und durch eine Art philosophischer
und physiologischer Selbstbeobachtung
sublimirte Sinnlichkeit der eigentliche,
für das Menschengeschlecht gehörige Cut-
tus sei! Seine philosophischen Schriften
beruhen auf einer eklektischen Mystik und
verrathen nur zu sehr die Absicht, die
innere quälende Unruhe zu beschwichti«
gen und — nach den Befreiungskriegen
und nachdem AlleS, was die Völker
gethan, um das Joch des Corsen zu
brechen, vergessen war — der wieder«
erstarkten Macht der Gewalthaber und
den Neigungen des Absolutismus die
Wege zu bahnen. So bleiben denn nur
noch seine literargeschichtlichen Arbeiten
übrig, in denen er in der That als ord>
nender Forscher Wichtiges geleistet und
nach einer Seite hin, nämlich in den Stu« dien über die Dichtung und Literatur der
Indier. weitere Forschungen angeregt hat.
die freilich das von dem Meister Geleistete
weit überbieten, aber es nie vergessen
lassen, daß die höchsten Resultate, die in
dieser Richtung bereits erzielt worden
und noch werden sollten, ihren ursprüng«
lichen Keim, wie Goedeke schreibt, in
Schlegel's veraltetem und doch unver-
gänglichem Buche über die Sprache und
Weisheit der Indier haben, zu welchem
er sorgfaltige Sanskritstudien gemacht
hatte. Schlegel liegt in Dresden auf
dem römisch-katholischen Friedhofe in der
Friedrichstadt begraben. — Seine Ge»
malin, wie schon erwähnt, war Dorothea
M e n d e l s s o h n , vermalte S imon
Veit , die Christin, dann Katholikin
wurde und ihm nach Wien. zuletzt nach
Dresden folgte. Am 3. August 1839
starb sie zu Frankfurt als hohe Sieben»
zigerin. Ueber ihre unter Schlegel'S
Namen oder doch unter seiner Mitwirkung
herausgegebenen Schriften siehe daS
Nähere auf S. 77 nach der Ueberficht von
Friedrich Schlegel's Schriften. Aus
ihrer ersten Ehe mit S imon Veit hatte
Dorothea zwei Söhne, welche beide
als Künstler in Rom lebten und später
katholisch wurden. Der jüngere, Phi«
l ipp. wurde 1831 Director der Kunst«
schule des Städel'schen Institutes in
Frankfurt a. M.. gab aber 1844 diese
Stelle auf, weil er von der Verwaltung
des Institutes durch den Ankauf von
Lessing's Bild „Huß" sich persönlich
beleidigt glaubte! Er siedelte dann nach
Mainz über. I n Wien lebte Dorothea
in fast ununterbrochenem 20jährigen Ver»
kehre mit Karoline Pichler sBd. XXII,
S. 242), in deren Haus sie fünf Jahre
wohnte. Später zog sie zu ihrem Sohne
Phi l ipp nach Rom und mit ihm nach
Frankfurt, wo sie starb, in ihrem Testa»
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schindler-Schmuzer, Volume 30
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Schindler-Schmuzer
- Volume
- 30
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1875
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 398
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon