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Dienste, besonders dadurch, daß er ihr die
politische Richtung gab, in welcher sie die
Reaction gegen Frankreichs Einfluß unter--
stützen half. Er begnügte sich nicht mit
patriotischen Gedichten, mit der zärtlichsten
Pfleae altdeutscher Erinnerungen, sondern er
wurde auch katholisch, diente dem k. k. Cadi-
net gegen Frankreich und suckte als Geschichte
Philosoph dem Katholicismus eine neue Wich»
tigkeit zu geben, um ihn als eine Waffe gegen
den Einfluß Frankreichs zu gebrauchen. Er
war im Bunde der Hierarchie und alten
Monarchie gegen die frivole französische De»
mokratie und Militärdespotie ein sehr ein«
flußreiches Mittelglied. Gleichwohl gehört er
weniger der Nomantik, als derjenigen Pro>
fusion an, die wir später im Capitel von der
Vermischung aller Geschmäcke näher besprechen
lverden. Er wandte sich nachahmend als
Dichter und beurtheilend als Literarhistoriker
auch zum Antiken. Er war der Erste in
Deutschland, der sich mit dem Studium des
Indischen beschäftigte und uns deßfalls eine
neue, reiche, wunderbare Welt der Betrach»
tung öffnete. Er huldigte endlich auch im
grellsten Widersprüche mit seiner hierarchischen
Tendenz der allerfrivolsten Modernität. I n
Paris selbst konnten die ausgelassensten Wei>
ber der reich gewordenen Sansculotten in
ihren griechischen Costümen nicht frecher sein,
als des frommen Schlegel's „Lucinde".
Doch wird die Wollust hier mit demselben
Kunstenthusiasmus entschuldigt, wie in den
Werken Heinse's. und Schlegel, dessen
mystische Richtung sich auch hier nicht uer»
kennen läßt und der durch den Umgang mit
Noval is an Paradoxen gewöhnt war,
glaubte die niedrigste Sinnenlust und die
erhabensten Gefühle verbinden zu dürfen und
proclamirte eine Religion der Wollust. S.
machte den Weg auS der wildesten Schwel«
gerei in die Klosterhallcn. I n seiner „Lucinoe"
hatte er nach Hein se's Lebenskunst, d. h.
die Raffinerie einer durch geistige Reize noch
pikanter gemachten Wollust gelehrt. Die allzu
frauenhaft gespannte Muskel erschlaffte aber
bald bei ihm und ruhte aus iin frommen
Speck und er lehrte uns nun, wie schön es
einst im Schooße der allein selig machenden
Kirche gewesen sei. Dieses schamlose Buch
und daß er Proselyt wurde, daß er nicht
blos gegen Frankreichs Einfluß als Patriot,
sondern gegen alle freien Regungen in Deutsch,
land selbst und nicht nur gegen die politische,
auch gegen die religiöse Freiheit, gegen die l Schlegel
Reformation u. s. w. auftrat, und als Ge<
schichtsphilosoph von diesem Parteistandpuncte
aus mit bezahlter Feder ein von der Wahrheit
weit entferntes Bild der Vorzeit entwarf —
das hat ihn unpopulär gemacht, das hat man
seinen glänzenden Talenten und seinen frühe-
ren patriotischen Verdiensten nicht verziehen."
Noch sind bemerkenswertb: 1. Johann Hein-
rich Schlegel (geb. zu Peinzing in Böt>
mcn. Geburtsjahr unbekannt, gest. zu Prag
im September 1742). Er war ein Schüler
des geschickten Malers Peter Johann Bran>
del sBd. I I , S. 113). in dessen Manier er
auch malte, ohne jedoch sein nicht unbedeu«
tendes Vorbild zu erreichen. Seit dem Jahre
1729 bis an sein im Jahre 1742 erfolgtes
Lebensende hatte S. sich in Prag aufgehal»
ten und dort mehrere Werke, Historien und
Altarbilder, vollendet, welche sich zerstreut in
Böhmen vorfinden. ^Neue Bibl iothek der
schönen Wissenschaften und freien Künste,
Nd. 20, Stück,l. S. 146. — Dlaöacz
(Gottfr. Ioh.), Allgemeines historisches Künst-
ler-Lerikon für Böhmen und zum Theile auch
für Mähren und Schlesien (Prag 1813. Gottl.
Haase. 4<>.) Bd. I I I , Sp. 46. — Nagler
(G. K. Dr.). Neues allgemeines Künstler»
Lexikon (München 1839. E. A. Fleischmann,
8°.) Bd. XV, S. 267.) — 2. Joseph Schle.
gel (geb. zu Linz 1803). Nachdem er seine
Studien am Prager Polytechmcum gemacht,
trat er iin Jahre 1822 bei der Katastralvcr,
messung als Adjunct ein und wurde im fol«
gendrn Jahre Grometer. Als solcher war er
duich acht Jahre, bis 1831, in Steiermark,
Karnthen, Krain, Oberösterreich und Salz»
bürg in Verwendung. Darauf widmete er
sich in Karnthen dem Eisenhüttenwesen, wurde
Eisenwerksdirector zu Frantschach bei Wolfs-
berg und 1837 Hüttendirector in Praevali.
Durch 17 Jahr«- »ersah S. daselbst seinen
Dienst, bis ihn körperliches Leiden nöthigte,
im Jahre 1834 in den Ruhestand zu treten.
Er zog sich nun nach Grah zurück, wo er,
wenngleich im Ruhestande, doch in seinem
Fache thälig zu sein nicht aufhörte. Schon
im Jahre 1848 war S. in's politische Leben
geirrtrn. da er damals als Abgeordneter des
Wahlbezirkes Völkrrmarkt in den österreichi«
schcn Reichstag gewählt worden war, jedoch
hatte er bald sein Mandat niedergelegt und
war an seine Stelle der Aovocat Dr. Ma»
thias Rulitz getreten. Im Jahre 1861 und
1867 wurde er von der Leobener Handels»
kanmier in den stcicischen Landtag und von
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schindler-Schmuzer, Volume 30
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Schindler-Schmuzer
- Volume
- 30
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1875
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 398
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon