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Schwarzenberg) Karl Philipp 109 Schwanenberg) Karl Philipp
I. Charakteristik des /MmarschaUs Fürsten
Karl von Schwarzenberg. DaS treffliche Werk
von Prokesch über den Fürsten ist eigentlich
seine Charakteristik. Doch wollen wir aus
demselben einzelne Momente zusammenfassen,
die annäherungsweise ein Bild dieses edlen,
echtfürstlichen Charakters geben. „Zu einem
großen Manne gehören", schreibt Prokesch,
„mehr als große Thaten, es gehört ein Wesen
dazu, das dieser Thaten, womit das Schick»
sal bisweilen auch minder Verdienstvolle be»
schenkt, würdig sei. Schwarzenbrrg über-
traf seine Thaten. Im öffentlichen Wirken
konnte man ihn erkennen, in seinem Wesen
nie — die Nachgiebigkeit des Fürsten, diese
feine kluge Waffe, darf mit jener Kraftlofig.
keit nicht verglichen werden, die ein Erbtheil
der Schwachen ist. Er gab wohl sich, aber
nie den Zweck auf, und wußte, wo eS galt,
seine Meinung zur Regentin zu machen. Als
er bei Troyes die beinahe eben so sehr von
den Verbündeten als vom Feinde gewünschte
Schlacht, trotz manchem tief kränkenden Tadel,
zu vermeiden wußte, schrieb er.- Ich kann es
dulden, daß Journalisten und unkluge Eiferer
vollauf schreien mögen: ach, hätte an der
Spitze deö Heeres ein Anderer gestanden,
was wäre nicht Großes geschehen! — Aber
ich müßte mich selbst verachten, wenn mein
Gewissen mir sagte.- du hast nicht den Muth
gehabt, das Urtheil der Welt zu übersehen, du
hast nicht nach deiner Ueberzeugung gehandelt
und darum ist ein schönes Heer zum Triumphe
Frankreichs zerstäubt". Der Fürst schätzte
Leute von Geist und die Beweglichkeit des
Genies zog ihn ssleich dem unbestechbaren
Scharfblick der Erfahrung an. Er wußte
des Schwächeren Talent zu ertragen; er ver,
stand es, den Furchtsamen aufzumuntern, die
Denkweise der Menschen zu errathen, und
Keiner war ihm zu gering, daß er nicht ge.
gen ihn eine liebenswürdige Schonung beo<
dachtet hätte. Er machte es Jedermann leicht,
mit ihm zu reden, und übersah auch, was
Große so selten vermögen, eckige Formen,
wenn nur der Gehalt des Blickes verlohnte.
Gern gewährte er dem Fleiße und freundli»
chem Wollen Naum zur Bewegung, ließ gern
Andere an Geschäften Theil nehmen, und
selbst auf seine Kosten so viel Lob und Ruhm
erwerben, als sie konnten. Es galt ihm als
Grundsatz, den er oft aussprach, man müsse
nicht das Gute, sondern das Beste thun. Die
Grundlage seines Wesens, die strenge Recht»
lichkeit und die milde, wohlthuende Form unter der sie hervortrat, malte sich in su'nen
Zügen, aber die augenblicklichen Eindrücke
fanden in ihnen ihre Verräther nicht. Er
wußte seine Mienen zu beherrschen; aber er
täuschte nie durch erkünstelten Ausdruck, weil er
nicht Jeden in seiner Seele wollte lesen lassen,
nicht aber Verstellung trieb. Im Aeußeren
liebte er Anstand. Er war freigebig in einem
hohen Grade, ohne sich durch den Mißbrauch
seiner Güte beirren zu lassen. Kunst und
Wissenschaft unterstützte er fürstlich. Er über.
lirß seine Hausgeschäfte gern anderen Hän«
den und man mußte ihm Dank wissen, daß
er sein Auge, bestimmt, den Welttheil zu
überschauen und den großen Angelegenheiten
der Völker nachzuforschen, auf seinen eigenen
nur, als auf tief untergeordnete ruhen ließ.
Er dachte nie, seine Verdienste zur Vermeh-
rung seiner Glücksgüter zu benutzen; und so-
viel er vom Staate empfing, so hatte er doch
im Dienste desselben, wo das Empfangene
nicht zureichte, keinen Unterschied zwischen
diesem und seinem eigenen Besitzthum gekannt.
Als am herrlichen Siegestage vor Leipzig
der Monarch voll des Bestrebens, seinem
Feldherrn zu vergelten, jedem seiner Wünsche
zu willfahren bereit war, hatte Schwarzen»
berg kein Wort für sich; er leitete die
Gnade des Monarchen auf den Gemal seiner
Schwester Karol ine, dessen zerrütteten Ver»
mögensumständen durch ein Darlehen aufzu-
helfen, die einzige Bitte war, die er aussprach.
In seiner Gattin fand Sch. die trefflich?
Mutter liebenswürdiger Kinder und die Nah»
verwandte seines Geistes. „Denke, daß ich
gewohnt bin, laut mit dir zu denken; daß
weiß ich. daß dir nichts fremd sein kann, wo-
es mir auch nicht ist und daß ich in meinen
Briefen an dich, mein Tagebuch anerkenne",
so begann er ein Schreiben an sie aus Triest
im I . 1816. Neben diesen Worten ist jede5
andere überflüssig. Er kehrte mit Freude und
Sehnsucht nach jedem Geschäfte deS Staates,
nach jedem Triumphe des Sieges in sein
stilles Haus zurück. Wenn die schöne Zeit
des Jahres herannahte und er auf seinem
Schlosse zu Worlii mit den Seinen wohnend,
Feld und Wald und Auen in freudiger Jagd
durchstreifen, mit seinen Kindern spielen oder
mit seiner Gattin das zarte Leben der Pflan-
zen beobachten und überhaupt die ländliche
Natur in ihren mannigfaltigen Reizen ge<
nießen konnte, dann waren Friede und Freude
um ihn und in ihm am höchsten — Mensch-
lichkeit war gleich einem Genius immer dem
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schwarzenberg-Seidl, Volume 33
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Schwarzenberg-Seidl
- Volume
- 33
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1877
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 380
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon