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) Karl Philipp 110. Schwayenberg, Karl Philipp
Fürsten zur Seite. Er wußte, daß jedes Ein<
zelnen Tod irgend ein zartes Band löse und
irgend ein Auge mit Thränen fülle. Deß-
wegen hielt er leichsinniges Versplittern von
Menschenleben für eine große Sünde des
Feldherrn, aber er war auch ganz der Mann,
wo es Entscheidung galt, sie mit allem Nach«
druck zu erzwingen. Unnütze Zerstörungen,
grausame Mittel im Kriege mied er mit Ge»
wissenhaftigkeit und mancher Ort verdankt
seiner Dazwischenkunft die Rettung. Die
Ruhe im Antli'b des Fürsten, die ein fester
Stern der Hoffnung im Sturme des Krieges
Allen war. wirkte wie ein Pfand des Er.
folges, wie eine Bürgschaft von höherer Hand
gegeben. Ohne Zeichen der Beunruhigung über«
nahm er im Jahre 1813 den Oberbefehl, ob»
wohl er den ganzen Umfang, das Gewicht,
die Größe und die Forderungen dieses Amtes
kannte: ihn trieb seine Bestimmung. Napo.
leon hatte das Schwert sich selbst geschliffen
und es seinem Besieger in die Hand gege«
ben. Die Stunde war gekommen. Der Fürst
folgte dem höheren Rufe: „Napoleon ist der
größte Feldherr der Zeit", sagte er damals,
„aber kann er deßhalb nicht geschlagen wer-
den? Und wenn er es kann, warum soll
dieß nicht durch mich geschehen? Mich beun>
ruhigt es nicht, ihm entgegen zu ziehen".
Seine Miene auf den Höhen von Dresden, als
er das Heer den Rückzug antreten ließ. war
keine andere, als die, womit er am Tage vor
Leipzig den Siegeseinzug befahl. Zu Frank-
furt, als er den Winterfeldzug erwirkte —
Zu Langers, da die ganze Ansicht des Krieges
eine neue unerwartete Wendung bekam, —
zu Brienne, da der Boden unter den hundert'
tausend Verbündeten zu schwanken drohte —
zu Troyes, da er wirklich erbebte und die
Erschütterung bis in den Rath der Verbün«
deten drang — zu Sommepuis, wo der
zweite entscheidende Wurf gethan werden
mußte und ward — im Angesichte der Tuil»
lerien endlich — war Schwärzend erg der»
selbe Mann. Keine Lage reichte über ihn
hinaus. Gleich dem Adler im Fluge sah er
unter sich den Drang und Kampf der Be.
gebenheiten und die Stürme trieben die Wol»
ken unter ihm hinweg. Schwarzenberg
war von Gestalt groß, in seinem ManneS«
alter beleibt, doch gewandt und schnell in
seinen Bewegungen. Der Gesammteindruct
seines Aeußeren versprach viel, ohne die Er»
wartung nach mehreren aufzuheben. Die ^
Haltung zeigte von Würde und Reinheit.^ Das schwarze Auge strahlte von Geist und
Kraft und unennbarer Milde, die auch über
alle Theile seines Gesichtes ausgegossen war
und am meisten am Munde sich wieder fand.
Stolz und Demuth vermalten sich in feinen
Zügen und breiteten hohen Adel darüber aus.
Sein Körper war äußerst empfindlich, bei»
nahe von krankhafter Reizbarkeit seit frühester
Jugend. Im Anzüge liebte er Geschmack und
die geringste Vernachlässigung war ihm uner«
träglich. Von allen Bildnissen des Feldmar-
schalls ist keines ähnlich. Große und kleine
Meister haben vergeblich versucht, seine Züge
aufzufassen und treu wieder zu geben.
Gerard und Isabey haben unwillkürlich
einen Franzosen aus ihm gemacht; Law«
renc? einen Engländer; aber Jedem ist seine
Eigenthümlichkeit entwischt. Daß sein wahres
Bild uns bleiben werde, dafür hat er mit sei«
nen Thaten Sorge getragen. — Der Lanz»
knecht, sein Sohn, wendet mit feinem Sinn
Schiller's treffliche Worte auf seinen Vater
an — wo das Strenge mit dem Zarten I
wo Starkes sich und Mildes paarten > da
gibt eS einen guten Klang.
II. Traucrseierlichkeil au« Anlaß des Ablebens
des Fürsten Karl Philipp von Schwarzenberg.
Groß war die Theilnahme — nicht allein im
Kaiserstaate, sondern auf dem ganzen Con<
tinent — als die Nachricht von dem Ableben
des Feldmarschalls sich verbreitete. Wenn«
gleich durch daS langwierige Leiden Alles
auf die Katastrophe vorbereitet war, so traf
doch die betrübende Nachricht nicht minder
schwer die Gemüther und die Leipziger
Zeitung, nachdem sie die Trauerbotschaft
aller Welt verkündete, schrieb die weniger
schwunghaften als wahren Worte: „Seine
militärische und politische Laufbahn gehört
der Weltgeschichte an; die Vorsehung hatte
ihn mit einem Herzen und mit einer Schön«
heit der Seele begnadigt, welche sein Glück
und seinen Ruhm noch überstrahlte. Die
Nachwelt wird zweifelhaft bleiben, ob sie in
ihm mehr den Menschen oder den Feldherrn
verehren, oder ob sie die großen Erfolge sei«
nes Lebens mehr seinen glänzenden Talenten
oder seinem versöhnenden Geiste und der
demüthigen Hoheit seines Charakters zu»
schreiben soll. Er hinterläßt keinen Feind,
kaum einen Neider seines Ruhmes. Während
seines sechsmonatlichen Aufenthaltes in un<
serer Stadt haben die Liebe der Seinigen und
die ärztliche Kunst sich erschöpft, um sein
theures Leben zu erhalten." Nach seinem am
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schwarzenberg-Seidl, Volume 33
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Schwarzenberg-Seidl
- Volume
- 33
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1877
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 380
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon