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) Joseph 172 Stob, Joseph
kranken aus. Ick suchte daher schon da-
mals durch oftmalige und genaue Beob«
achtung der Geisteskranken Mittel und
Verfabrungsweisen aufzufinden, um sie
entweder ohne Beschränkung und Zwang
oder wenigstens durch Milderung der-
selben unschädlich zu machen, und war
so glücklich, selbst noch wahrend der
Amtsführung Tschallener's und sogar
mit dessen Beiftimmung manche Zwangs-
anwendung zu verhindern oder zu mil-
dern. Ein geschickter Warter der Tob«
Abtheilung ging auf meine Ansichten ein
und war mir zur Erreichung meines
Zieles sehr behilflich. Am 4. Juni
1834 wurde mir nach der Iubilirung
des Directors Tschallener die Direc-
tion der Anstalt hohen Ortes übertragen.
Ich fetzte mein Bestreben, körperlichen
Zwang und Beschränkung in der Be>
Handlung Geisteskranker möglichst zu
vermindern, gewissenhaft und beharrlich
fort. Die Umstände waren für mein Un-
ternehmen damals nickt die günstigsten
u. s. w. Zu diesem Allem kam noch der
Umstand, daß ich außer durch den An«
ftaltscaplan Sebastian R u f ^Band
XXVII, S. 240). in der Anstalt selbst
anfanglich keine moralische Unterstützung
fand. Als später auch in der deutschen
Journalistik das Bedürfniß der wirk-
lichen Verminderung der Zwangs» und
Beschränkungsmittel stärker betont wor«
den war, wurde auch meine Stellung
eine freiere." — Aus dem Angeführten
ergibt sich, daß Dr. Sto lz in Deutsch-
land und Oesterreich jedenfalls einer der
Ersten war, die sich mit Entschiedenheit
dem Systeme deS „non rsLtraiiit" zu«
wandten. Ganz von demselben humanen
Geiste getragen war eine andere Neue-
rung, die beim Publicum von Innsbruck
und Hall anfangs Aufsehen erregte. Es
ist die im Jahre 1836 eingeführte jähr« liche Fastnachts»Unterhaltung der Irren
gemeint, die nicht blos den Zweck hat,
auf die Kranken aufheiternd zu wirken,
sondern auch die Anstalt der Gesellschaft
zu nähern, deren Sympathien für Irre
schwer zu gewinnen sind. Im I . 1863
erfuhr Stolz's psychiatrische Wirksam«
keit eine neue Erweiterung. Bereits
1866 wurde durch Landtagsbeschluß
die Vergrößerung der Irrenanstalt zu
Hall zum Behufe der dauernden Unter»
bringung unheilbarer gefährlicher Irren
bewilligt. Dr. S t o l z unternahm im
Herbste 1867 eine zweite Reise nach
Deutschland, um die neueren Verbefse»
rungen in der Einrichtung der dortigen
Irrenanstalten kennen zu lernen. Groß«
tentheils lNack seinen Angaben wurde
dann der Plan für das neue Gebäude
entworfen. Dasselbe ging so schnell seiner
Herstellung entgegen, daß eS bereits im
Jahre 1868 bezogen werden konnte.
Doch bald erwies sich die erweiterte
Irrenanstalt für den neuen Zweck als zu
klein. Der Landtag beschloß daher, für
die Irren italienischer Zunge eine eigene
Anstalt zu gründen. Dr. S to lz , von
der k. k. Statthalterei der Commission,
welche zu diesem Zwecke die nöthigen
Erhebungen zu pflegen hatte, im Ein-
vernehmen mit dem Landesausschuffe als
Mitglied zugetheilt, unternahm als sol«
ches in jenen Jahren mehrere Reisen.
4870 wurde er von dem Landes»
ausschusse in den neu errichteten Lan»
des - Sanitatsrath gesandt und in die-
ser Eigenschaft noch zweimal bestätigt.
Ader auch s^onst iwirkte er ganz im
Geiste der Humanität. Viele Jahre
hindurch behandelte er die kranken Zog»
linge des vaterländischen Taubstummen»
Institutes, ohne irgend einen Anspruch
auf Vergütung zu erheben. Ebenso wid«
mete er den zahlreichen Armen der
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stifft-Streel, Volume 39
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Stifft-Streel
- Volume
- 39
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1879
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 400
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon