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vor. Er büßte ftine Handlung mit der
Susvendirung vom Amte. Die Vermal»
ten aber sollte es noch empfindlicher tref.
fen. Nachdem dem Großherzog Kar l
Friedrich von seinem Intendanten
dieser ungesetzliche Schritt deS jungen
Ehepaares vorgetragen worden, erließ
derselbe ääo. Weimar 2 l . October !843
eine motivirte Verfügung, welcher zufolge
die Ehe Strampfer'S für n icht ig
erklärt und dem Ehepaare eröffnet wurde,
daß eS seine Gage noch durch zwei Mo«
nate, bis zum Schlüsse des IahreS. auS«
gezahlt erhalten solle, nach dieser Zeit
aber der fernere Aufenthalt ihm in Wei«
mar untersagt sei. Mit diesem Ausgange
seiner ungesetzlichen Handlung nahm auch
das Schicksal deS jungen Schauspielers
eine scrlimme Wenduna. Ohne Mittel
verließ er mit seinem jungen Weibe die
Stadt Weimar und wanderte nun von
Bühne zu B'lhne. Er spielte in Trieft.
Hermannstadt. 3aibach und anderen
Orten. Ueber diefeS Wanderleben S.'s
gehen die buntesten Gerüchte um. Im
Jahre 183l) vertauschte er d?n Schau-
spieler mit dem Director. und als
solcher schleppte er seinen Thespiskarren
in Ungarn von einem Städtchen zum
anderen. Seine Frau Anna. die trotz
der Nichtigkeitserklärung ihrer Ehe durch
den Großherzog von Weimar treu an
ihres Gatten Seite ausgeharrt, starb,
nachdem sie ihm einige Kinder geboren,
und nun dirigirte S. auf eigene Faust
seine Gesellschaft. Um das Wesen seiner
Unternehmung zu cdarafterisilen. erzählt
man sich, wenngleich scherzweise, daß
Strampfer mit seiner Truppe einmal
in einem kleinen Orte Ungarns die „Räu-
ber" Scdiller's habe aufführen laffen,
wobei die Räuberbande von einer wirk»
lichen dargestellt worden sei. Bald darauf
erhielt Strampfer die Direction des Theaters in Temesvä.r, wo ihn aber daS
Glück eben aucd nicht zu sehr begünstigte,
denn kaum hatte er daS Theater an der
Wien gepachtet, als sein in Temesvar
zurückgelassener lunäus inLtruotus dorr
in erecutiver Feilbietung um den
SchähungSwerth etlicker siebzig Gulden
veräußert wurde. Mit der überraschen»
den Erlangung der Direction des Thea»
ters an der Wien hat es folgende Be-
wandtniß. Als St camp fer zum ersten
Male im Jahre 1862 nach Wien kam
(nach Anderen hatte er sich 1848 daselbst
an der freiheitlichen Bewegung, welcher
sein Vater zum Opfer fiel. betheiligt),
war über daS genannte Aunstinstitut,
welches stch lange Zeit unter P o ko r ny
Sohn nur mit Mühe über Waffer gehal.
ten, bereits der Concurs verhangt. Dem
Thcatei'Agenten Adalbelt Prix war es
gelungen, die P o k orn y'schen Gläubiger
gegenüber den Mitbewerbern Find ei-
sen und Roh ring zu Gunsten S tr a m>
pfer'S zustimmen, dessen Schwager, in
einer Wiener Buchdruckerei bedienstet,
dem mittellosen Manne durch Erlag der
Kautionssumme und deS voraus zu be-
zahlenden vierteljährigen Pachtschillingü
zur Seite sland. Mit so erborgtem Gelde
begann S. daS gewagte Spiel, und daß
cr es gewinne, erschien ihm die Glücks»
göttin in der Gestalt der Iosephine Gal l -
meyer. Es ist für die Wandelung der
Stimmungen im Vielkopf Publicum be>
merkenSwerth, wie dieselbe Schauspiele»
rin, welcde noch wenige Jahre zuvor
wahrend ihres Gastspieles im Joseph»
stadter Theater unbeachtet geblieben, jetzt
mit einem Male. und noch dazu in einem
Stücke, welches von einem Berliner Pla-
giator aus Bruchtheilen älterer österrei»
chischerVolkSposieil zusammengefügt war,
nämlich in der Pofse „Der Goldonkel"
von Po hl. die Gunst des Publ cums im
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stifft-Streel, Volume 39
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Stifft-Streel
- Volume
- 39
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1879
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 400
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon