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cret sofort ausgefertigt. Schon wenige
Monate später sah S t r e i t e r sei
nen LieblingSwunsch, nach Bozen ver
setzt zu werden, erreicht. I n diese Zeit
fällt seine Nebertragung des italienischen
Werkes von R i g o t t i : „Die Lehre
vom dinglichen Rechte des Grundpfan»
des nach dem österreichischen bürgen
lichen Gesetze und den mit 1. Mai 1817
und in der Folge bis zum Ende des
Jahres 4833 für Tirol in Wirksamkeit
getretenen Gesehen u. s. w." (Innsbruck
1839, Wagner. 8".). 24 Jahre lang
— bis 1861 — hatte er das Geschäft
eines RechtsanwalteS in Bozen geführt,
als die Aera eines freieren politischen
Lebens begann und die Wahlen in den
Landtag vorgenommen wurden. Da be-
warb auch er sich um eine Abgeord-
netenstelle. Aber die clericale Partei
setzte alle Hebel an, um seine Wahl zu
verhindern, was ihr auch gelang. Nicht
so glücklich waren ihre Gegenbemühun-
gen bei den Gememdewahlen, denn am
i3. April 1861 wurde er zum B ü r-
germeis ter von Bozen gewählt
und ungeachtet der heimlichen Ein»
spräche der B-schöfe von Trient und
Briren von Seiner Majestät dem Kai»
ser im Amte bestätigt. I n dieser Eigen-
schaft spielt aber St re i ter eine histo-
rische Rolle, während seine schriftstelle,
rische Thätigkeit ihm einen Ehrenplatz
in der Literatur sichert. Eine gedrängte
Darstellung seines Wirkens nach diesen
beiden Richtungen möge hier folgen.
Als Bürgermeister von Bozen hielt er
fest zur Verfassung nnd sorgte für die
Verlebendigung der mit ihr verliehenen
und durch kaiserliches Wort verbrieften
Freiheiten. Das war nun ein beftan»
diger Kampf mit den kirchlichen Gewal«
ten, welche namentlich gegen die reli«
giose Freiheit eiferten. Ein fanatischer Kapuziner wagte es, von der Kanzel
herab gegen das neue Protestanten-Ge»
setz vom 8. April 186t in den unge»
ziemendsten Ausdrücken zu predigen.
Dies durfte der Bürgermeister in sei>
ner Gemeinde um so weniger hingehen
lassen. als ihm von dem Erzherzog.
Statthalter aus Innsbruck die Weisung
zugekommen, dergleichen Aufreizungen
gegen ein kaiserliches Gesetz hintanzu»
halten und sich darüber mit den kirch-
lichen Organen inS Einvernehmen zu
setzen. Er richtete nun an den Propst
von Bozen, welcher diese Verletzung der
öffentlichen Ordnung durch jenen Kapu»
ziner ungerügt geschehen ließ und sich
überhaupt weigerte, in der Sache etwas
zuthun, eine Zuschrift, welche in ihrer
Art epochemachend ist in dem Kampfe
der liberalen und ultramontanen Par>
tei Tirols und in den Annalen der
Kirchengeschichte Oesterreichs höchstens
in einigen Patenten Iosephs I I . ihres
Gleichen haben dürfte. DaS historisch«
denkwürdige Schreiben theilte seinem
Wortlaute nach die „Presse" s1861.
Nr. 187^ vollständig mit. Als die Zu»
schrift ohne Erfolg blieb, lud er den Propst
wiederholt vor, ohne jedoch dessen Er»
scheinen zu erzielen. Erst nachdem er
dem Propst durch den Polizeicorporal
die offene Ordre hatte zustellen lassen,
daß man bei fortgesetzter Weigerung, vor
ihm zu erscheinen, seine zwangsweise
Vorführung bewirken werde, kam der-
selbe. Das Ergebniß der mündlichen
Auseinandersetzung war nun, daß der
Propst frei und ungezwungen zu Pro»
tokoll gab: „er verpflichte sich, AlleS
anzuwenden, um jede Agitation zu ver-
meiden, und dem Prediger aufzutragen,
sich im Geiste der Liebe und Versöh«
nung auszusprechen und das Patent
vom 3. April zu achten". Geschrieben
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Streeruwitz-Suszncki, Volume 40
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Streeruwitz-Suszncki
- Volume
- 40
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1880
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 394
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon