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«Dela
seinem Trotze lieber vor, Unrecht über
sich ergehen zu lassen. Erwägt man diese
Umstände, so läßt sich leicht ermessen,
welch' Aufsehen es unter Bauern erregen
mußte, einen Mann in ihrer Mitte zu
finden, der treu ihrer Gesinnung und
Denkweise handelte und mit ungewöhn»
licher Intelligenz begabt, ihnen einen
verläßlichen Rechtsfceund abzugeben im
Stande war. Als sich die Rathschläge,
welche Szela den Bauern seiner Ge»
meinde ertheilte, in der Regel erfolgreich
erwiesen, eilten auch aus fremden Dör<
fern Landslcute mit ihren Anliegen her.
bei, die er nun prüfte und ihnen so
überzeugend erklärte, daß sie, belehrt, zu»
sriedener heimkehrten, als sie gekommen
waren. Und da sein Ansehen unter sol>
chen Umständen bei der Landbevölkerung
mit jedem Tage stieg, so war er natürlich
auch stolz auf seinen Einfluß und half
mit seinem Rathe nur um so bereitwil«
liger. So wurde Szela, der beim Mi«
litär auch schreiben gelernt hatte, in
kurzer Zeit der Winkelschreiber der gan«
zen Gegend, nur daß er als solcher
für seinen Rath, für seine Hilfe kein Geld
nahm und überhaupt nur Rath ertheilte,
um zu helfen, waS gewöhnlich die Folge
war. So gewann er denn allmälig einen
ins Unglaubliche reichenden Einfluß unter
der Bauernbevölkerung der Umgegend
weit und breit, und sein Name war bald
in aller Munde. Im Laufe der Jahre
gelangte er aus der Kenntniß der von
ihm geprüften ßalle zu drei Ueberzeu-
Jungen, welche ihm als Richtschnur bei
seinen Handlungen und Rathschlägen
dienten: 1. die Lage der Bauern in Oa«
Nzien sei immer noch eine ungünstige,
und ohne daß ein Recht angetastet zu
werden brauche, großer Verbesserung
fähig', 2. dieser Verbesserung stehe nur
der polnische Adel entgegen; 3. der Bauer in Galizien habe überhaupt von
Niemand etwaS Gutes zu erhoffen als
vom Kaiser und der denselben vertreten»
den amtlichen Regierung. Diese Ansichten
offen auszusprechen und praktisch zu ent-
wickeln, fand er mehr als einmal Anlaß,
in besonders eclatanter Weise aber in
einem Streite seiner Gemeinde Sma»
rzowa mit der Grundherrfchaft Bogusz.
Es handelte sich dabei um Robotüber-
bürdung. Szela hatte zu diesem Ende
in allen Einzelnheiten die Verhältnisse
seines HeimatsorteS studirt, hatte Einsicht
genommen in alle Inventarien und war
zur Ueberzeugung gekommen, daß die
Gemeinde wegen grober Verletzung des
Robotpatentes und der Inventarien
durch die Grundherrschaft derselben den
Proceß machen und eine Entschädigung
beanspruchen könne. Er nahm nun auch
keinen Anstand, diese Entdeckung offen
auszusprechen, worüber begreiflicher»
weise im ganzen Kreise ein ungeheurer
Lärm entstand. Die Gemeinde Sma»
rzowa blieb auch nicht unthätig, sie
wählte Szela zum Gemeindedeputirtea
und betraute ihn mit der Führung des
Rechtsstreites gegen die Familie B o»
gusz bei dem Kreisamte zu Tarnow.
Während der Proceß geführt wurde,
stellte eS sich thatsächlich heraus, daß die
Bauern von Smarzowa seit dem Jahre
1789 jede Woche um 80 Robottage
übervortheilt worden waren. Als Ritter
von Bre in l Kreishauptmann des Tar>
nower Kreises wurde, bemühte sich der.
selbe, einen Vergleich zwischen der
Grundherrschoft und den Bauern herbei»
zuführen, um die Aufregung nicht zu
steigern. Szela blieb jedoch unbeugsam
auf dem Rechtsboden stehen, wollte von
einem Vergleiche nichtS wissen und ent>
kraftete auf Grund der Inventarien jede
Einrede seiner Gegner, wodurch sich
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Szedler-Taasse, Volume 42
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Szedler-Taasse
- Volume
- 42
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1880
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 356
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon