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jungen Kunsteleven weitere Studien
leiten sollte, aber Bedenken dagegen
erhebend, mit der Bemerkung ablehnte,
daß bei. einer solch riesigen Orga.
nisation die freie selbständige Entwick»
lung ohne Lehrer die fruchtbarste sei.
Indeß der junge Künstler bestand darauf,
bei Liszt zu verbleiben. Und nun stu.
dirte er übermäßig, von aller Gesellschaft
sich zurückhaltend, wie denn ein gewisser
krankhafter Zug, der sich namentlich in
einer Scheu vor Verkehr mit Anderen
und in einem fast bösartigen Lpotte
kundgab, durch sein ganzes Leben ging.
Nur an seinem Herrn und Meister, der
in seiner liebenswürdigen Weise von dem
musikalischen Unbande mehr sich gefallen
ließ, als Andere es für gut fanden, hielt
er mit einer rührenden Zärtlichkeit, und
auch L iszt räumte der Genialitat mehr
ein, als das gesellschaftliche Leben eigent-
lich gestattet. Also unter und nicht durck
LiSzt entwickelte sich Tausig, der
den Meister auf dessen öfteren Reisen
begleiten dürfte und so nach Dresden,
Leipzig, Berlin, Prag und Wien gelangte,
überall Bewunderer, aber keine Freunde
findend, da Jeder, der mit dem jungen,
ganz unzugänglichen Menschen in Be>
rührung kam. sich geradezu abgestoßen
von, demselben fühlte. I n Wien endlich
— wohl auf L i Szt'S Rath — nahm er
nun für längere Zeit bleibenden Aufent»
halt und trieb daselbst seine auf Kunst,
aber auch auf Erwerbung einer allgemei»
nen Bildung gerichteten Studien mit nicht
zu ermüdendem Eifer fort. Nach vier»
jähriger Thätigkeit in genannter Weise
ging er nach Dresden, wohin sein Vater
von Warschau zu bleibendem Aufenthalte
übersiedelt war. Aber schon 1860 kehrte
der neunzehnjährige Künstler nach Wien
zurück, wo er nicht nur Clavier». sondern
aucb sogenannte Orch esterconcer te zu geben begann. Er verfolgte damit
einen besonderen Plan, und diese Con«
certe bilden, wenngleich nur vorüber-
gehend, ein nicht ganz unwesentliches
Moment in WienS Musikleben. Der
Schüler Liszt's, und nun. da er auf
eigenen Füßen stand, der Apostel seines
Meisters, hielt sich berufen, das Wiener
Publicum mit den Orchesterwerken, den
sogenannten „symphonischenDichtungen"
des Tonheiox bekannt zu machen. Hat
eine solche sich selbst auferlegte Misston
an und für sich immer etwas Mißliches,
so war bei einer nichts weniger als an«
heimelnden und in Künstlerkreisen belieb«
ten Persönlichkeit wie Tausig das
Unternehmen ein geradezu gewagtes,
und der Erfolg bewies es. Er veran»
staltete diese Concerte im ehemaligen
Musikvereinssaale unter den Tuchlauben
mit dem Orchester des Wiener Hofopern-
theaters, sie nicht nur selbst dirigirend,
sondern auch aus eigener Tasche bezah»
lend: denn das anwesende Publicum
war — mit geringen Ausnahmen —
ein sogenanntes Freikartenpublicum.
Allerdings nahm er sich — der Wahrheit
die Ehre — der Sache mit ganzer Seele
an und brachte auch für die Ausführung
des Unternehmens nicht unbedeutende
Opfer. So kamen in drei Liszt»Con<
certen, daS sind solcke Concerte, in denen
nur Compositionen dieses Meisters zum
Vortrage gelangten, die symphonischen
Dichtungen: „Festklange". „Ideale"
und ,Hungacia" zur Aufführung;
außerdem spielte er die beiden großen
Clavierconcerte mit Orchester,sowie meh-
rere kleinere Solovorträge von Liszt.
Aber wenn auch seine Leistungen als
Pianist gerechte Anerkennung fanden,
als den Mann für solche Mission berech-
tigt wollte man ihn doch nicht gelten
lassen, und erst. alö zwei Jahre spater
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Tabacchi-Terkla, Volume 43
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Tabacchi-Terkla
- Volume
- 43
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1881
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 320
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon