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ei^ Leopold Leo Z I Thun-Oshenstein^ Leopold Leo
oberft zu unterft kehrten, sollte er daselbst ! engeren Vaterlande, erging es ihm in
miterleben, und er stellte sich in Stanis« i Wien, wo die Revolutionspartei das
lawow, wo sein Leben ernstlich bedroht z große Wort führte und das willenlose
war, dem zügellosen Treiben der Bewe-
gungspartei mit entschiedenem Mannes- Ministerium beherrschte. Weil er es un-
umwunden aussprach, daß die Länder
muthe entgegen; da erreichte ihn im April ^ Oesterreichs sich nicht von der Revolu-
g. I . der Ruf des Kaisers, die Leitung ! tionspartei, die den Mantel des Deutsch-
der Regierung in Böhmen zu über-, thums sich umgehängt, während unter
nehmen. „Wahrlich", rief der Graf aus, ^ diesem die Revolutionäre und Emissäre
„in dieser Zeit arger Verwirrung kann> und der Auswurf des Gesindels von
doch Niemand, dem der Eid eines Staats- ^ ganz Europa agirten, beherrschen laffen,
beamten heilig ist, danach lüstern sein,! sondern ihrem angestammten Monarchen
einen solchen Posten zu übernehmen", i oie Treue bewahren wollten, gaben ihn
Aber. er glaubte dem Rufe seines Kai- z die Deutschen einfach als den willfährigen
sers folgen zu müssen und folgte ihm. ! Diener einer 6echiscken Partei aus und
In Prag fand er Alles in der höchsten ^ feindeten ihn an, kein Mittel unbenühr
Aufregung und bestrebt, die Regierung > lafsend, ihn entweder lächerlicd oder ver-
selbst zu einer Parteistellung zu nöthigen.! haßt zu machen. Unter solcken Verhalt-
Wahrend er nun eifrigst bemüht war, sich ^ niffen brachen in Prag die Iuniereignisse
mit Unbefangenheit über den Parteien z herein. Als am Pfingstmontage, dem
zu halten, überall vermittelnd, versöh- > 42. Juni, gleich beim Beginne des Bar-
nend einzugreifen, wurde ihm dies von! ricadenbaues, der Graf auf die Altstadt
den sich bekämpfenden Parteien als Ver»! eilte, um dem Unglücke, welches Prag
rath an ihrer Sache, welche jede Partei
für die einzig gerechte hielt, angesehen.
Deutsche und öechen betrachteten ihn mit
Mißtrauen, und die Wiener Negierung,
welche die Zügel aus den Händen ge-
lassen und ein Spielball der aufgeregten
Menge geworden, bereitete dem Statt-
halter Böhmens andere, nicht minder bedrohte, noch Einhalt zu thun, wurde
er von den Aufständischen gefangen ge
nommen und auf das Clementinum in
Verwahrung gebracht. Ueber die Einzel»
heiten bei seiner Gefangennehmung kamen
in späteren Jahren noch ircige Angaben
in Umlauf, so daß er selbst wiederholt
sich veranlaßt sah, dieselben richtig zu
große Verlegenheiten. „Der Graf", so ! stellen. Seine Lage war eine gefahrvolle,
schreibt einer seiner Biographen, „war denn sowohl von den Barrkaden herab,
ein Gegner Aller, die im gemeinsamen als von einer an den Fürsten Windisch-
Vaterlande noch den Nationalitäten grätz gesendeten Studentendeputation
feindliche Lager aufschlagen wollten, und
da er es dabei weder den exaltirten wurde die Drohung ausgesprochen, den
Grafen aufzuhängen, falls mit Militär»
Rechen, noch den exaltirten Deutschen l gewalt eingeschritten würde. Er legte
recht machte, so gefielen sich die Einen ! bei dieser Gelegenheit unerschütterlichen
wie die Anderen, ihn als ein Werkzeug
ihrer Gegner hinzustellen". Dieser Um»
stand spricht wohl am besten für des
Grafen damalige strenge und parteilose
Selbständigkeit. Nicht besser aber, als im Gleichmuth an den Tag, indem er allen
Einschüchterungsversuchen wiederholt mit
der gemessenen Erklärung entgegentrat,
daß, so lange er seiner Freiheit beraubt
sei, nichts ihn zu einem Einflüsse auf die
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Thugut-Török, Volume 45
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Thugut-Török
- Volume
- 45
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1882
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 324
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon