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ll) Georg 122 Thurn-Valsassintt) Georg
und dem fallenden Regen die Fortsetzung
des Kampfes unmöglich und die voll
kommenfte
siegreiche Entscheidung für die
Unseren herbeigeführt wurde. Noch ließ er
am folgenden Tage die Stadt Novara
mit Granaterl bewerfen, worauf zuerst
Parlamentäre mit der Nachricht erschie-
nen, daß ein Waffenstillstand abgeschlossen
sei, und dann eine Deputation mit dem
Bischof an der Spitze die Unterwerfung
ankündigte. Von welcher Wichtigkeit das
plötzliche Erscheinen des vierten Armee«
corps unter Thurn auf dem Schlacht'
felde gewesen, erhellt beso.nders aus
dem Umstände, daß das zweite und
dritte Corps trotz eines achtstündigen
heldenmüihigen Kampfes nicht vermocht
hatten, den um ein Dritttheil stärkeren
Gegner zurückzuschlagen. Dieser glor»
reichen Waffenthat, für welche der wackere
General in der 153. Promotion (am
29. Juli 1849) zugleich mit Erzherzog
Albrecht, d'Aspre', Ielaöio, Puch«
ner und Haynau das Commandeur-
kreuz des Maria Theresien-Ordens erhielt,
sollte als tragikomischer Epilog ein diplo-
malisches Nachspiel folgen. Schönhals,
der beredte Berichterstatter der Ereignisse
von 4848 und 1849 in Italien, erzählt
nämlich, daß nach der Schlacht, als
Thurn mit seinen Ofsicieren kamerad»
schaftlich beisammen war, ein piemow
tesischer Oberst gemeldet wurde, der
Car lo Alberto 's Abdankung vor-
gebend, erklärte, sich nutt, da Alles zu
Ende, auf seine Güter begeben zu wollen,
und um Passirung ersuchte. Thurn
habe ihm eine Tasse Kaffee geboten und
die gewünschte Legitimation ausgestellt,
ohne sich zu verrathen, daß er in ihm
sogleich den König Karl Albert erkannt
habe. Aber er fand, es sei das Klügste,
ihn laufen zu lassen, um jeder Verlegen«
heit aus dem Wege zu gehen. Und Ra- detzky, dem er sogleich darüber berichtete,
habe das Verfahren mit den Worten ge-
billigt: „Ebenso fein als Diplomat, wie
unternehmend als Soldat. Ganz einver-
standen". Im Mai 1849 erhielt, der
Graf das Commando des zweiten Re-
servecorps und traf am 16. d. Mts. im
Hauptquartier Casa Papadopoli ein, um
die Belagerung von Venedig bei Hay-
nau's Abgang zur Armee in Ungarn zu
übernehmen. Er setzte nun die Belage»
rungsarbeiten mit verdoppelter Energie
fort. AM 27. Mai siel Fort Marghera in
unsere Hände; in der Nacht vom 6. auf
den 7. Juni drang Hauptmann Brüll
mit beispielloser Bravour auf die Eisen«
bahnbrücke vor und stürmte mit seinen
Leuten die dort aufgestellte feindliche
Batterie, fand aber auch dabei den
Heldentod. Der Graf machte Versuche,
mit Hilfe von Luftballons, welche nach
der Construction des Artillerieofficiers
Uchatius, des nachmaligen berühmten
Generals, hergestellt wurden, Bomben in
die Stadt zu werfen, da aber der Erfolg
nicht ganz den Erwartungen entsprach,
stand er bald wieder davon ab. Dagegen
erzielte eine von dem Feldzeugmeister
Freiherrn von Augustin angeregte Be-
schießung mit eigenartigen Projectilen,
welche unter einem Winkel von 42 bis
43 Grad auf weite Distanzen getrieben
werden konnten, so vernichtende Wir-
kungen, daß die Bevölkerung Venedigs
in die höchste Bestürzung gerieth. Zwar
mußte Graf Thurn am 10. August das
Commando des vierten Corps wieder
übernehmen, aber die unter seiner Lei«
tung der Belagerung erzielten Erfolge
waren so mächtig gewesen, daß wenige
Tage nach seinem Abgänge die Stadt zu
capituliren verlangte und am 24. August
sich auch auf Gnade und Ungnade ergab.
Zum Andenken dessen, was er vor der
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Thugut-Török, Volume 45
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Thugut-Török
- Volume
- 45
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1882
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 324
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon