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Cschaup
unruhen erklärt, die lange durch die
Umsicht des Landeshauptmannes Paris
Dominik Grafen von Wolkenstein
niedergehalten wurden. Die Werbesolda-
ten hatten um diese Zeit, wie auch schon
früher, fortwährend die Bauernjungen
mit Gewalt in die Soldatenjacke gepreßt,
wodurch sie Zusammenrottungen und
Raufereien hervorriefen, welche, obwohl
stets unterdrückt, doch immer von Neuem
die öffentliche Ruhe störten. So fanden
wieder Anfangs Mai 1762 in einem
Gasthause der Gemeinde Obermais, beim
sogenannten Bruggerwirth, zwischen
einigen Bauernburschen und einer Ab»
theilung des in Meran stationirten Werbe«
commandos Schlagereien statt, bei welchen
die Soldaten den Kürzeren zogen. Dafür
aber sprachen diese nachher die Drohung
aus, daß man alle in die Schlägerei ver
wickelten Burschen mit Gewalt aufheben
und in die Soldatenjacke stecken werde.
Dies war das eine Moment. Dazu gesellte
sich als zweites nicht minder beunruhigen-
des die in der Nacht auf den 13. Mai im
Auftrage der o. ö. Repräsentanz und
Hofkammer, wie damals die oberste
Landesstelle hieß, erfolgte Verhaftung
dreier Mitglieder der Gemeinde Mais.
Diese Männer: Gottlieb Andre von
Hafner in llntermais und zwei Brüder
Raff l , von denen der eine, Peter,
Müller am Greifen in Obermais war,
hatten sich bereits bei der Münzabwechs-
lungsgeschichte im Jahre 4761 sehr
tumultuarisch benommen. Mit dieser
Münzabwechslung aber hatte es fol-
gende Bewandtniß. Tirol war im acht-
zehnten Jahrhunderte durch feine eigen-
thümlichen industriellen und gewerblichen
Verhältnisse mit einer unglaublichen
Menge kleiner Münzen aus allen angren-
zenden Nachbarlandern überschwemmt.
So berechnete man blos die Summe der in Tirol gleichzeitig circulirenden aus-
ländischen Zwölfer und Sechser im Durch-
schnitte auf 23 Millionen Stücke. Nun,
wären dieselben gutmetallig, d. h. voll»
werthig gewesen, dann würde ihre Menge
dem Lande nicht geschadet haben, so war
aber der größte Theil dieser Scheide-
münzen, namentlich die kurbayrischen,
gehalt« und werthlos. Das aber war
keine geringe Calamität für das Land,
welches für seine Bedürfnisse, die es aus
der Fremde bezog, und die sich nach
mehreren Millionen berechneten, seine
gute Münze bezahlte, wahrend ihm von
außen, von den zahllos durchreisenden
Fuhrleuten, Hausirern, Händlern, Arbei-
tern u. s. w. schlechte Münze zugeschleppt
wurde. Diesem für die volkswirthschaft-
lichen Verhaltnisse des Landes sehr ge-
fährlichen Zustande mußte ein Ende ge-
macht werden. Und so befahl die Kaiserin
Mar ia Theresia, daß alle umlaufende
schlechte Scheidemünze, vorzugsweise die
bayrischen Zwölfer und Secbser, abge»
würdigt, dann eine neue Münzordnung
und ein auf reellen Werth gegründetes
sogenanntes Patentgeld eingeführt, den
Unterthanen aber, durch deren Schuld
das schlechte Geld nicht ins Land ge-
kommen sei, gestattet werde, die ver-
rufenen Münzen innerhalb einer gewissen
Frist bei öffentlichen Cassen gegen Patent»
geld auszuwechseln. Sobald jedoch diese
Frist verstrichen wäre, sollte das schlechte
Geld sämmtlich außer Curs gesetzt und die
Einnahme und Ausgabe desselben ein- für
allemal verboten werden. So schön und
wohlmeinend dieser Gedanke an und für
sich und so groß der Verlust war, den
blos die''Auswechslung in Tirol dem
Aerar verursachte — er bezifferte sich
nach spaterer Berechnung auf etwa
70.000 fi. — so hatte diese Maßregel
für Tirol ihre bitteren Folgen. So lange
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Trzetrzewinsky-Ullepitsch, Volume 48
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Trzetrzewinsky-Ullepitsch
- Volume
- 48
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1883
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 346
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon