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Karoline 69 Nnger-Sabathier, Karoline
Vorstellungen — und das war eine
seltene Erscheinung in Neapel — ja dieser
Enthusiasmus steigerte sich noch, als sie
in der „Elisabetta" von Rossini, als
M a t h i l d e , das herrliche Duett im
zweiten Acte an der Seite der Madame
Fodor und dann der Dlle. Tosi durch
ihren prächtigen Vortrag und ihr meister»
Haftes Spiel zum Glanzpunkte der Oper
erhob. Die nächste Partie, welche sie
sang, war in Paccini's ^äeniavH äi
N.issäaä", in welcher sie sich als gemüth»
licke ernste Schauspielerin und Bravo ur>
sängerin bewährte, und nun folgte Pae>
siello's „8Q1-VQ I>3.äl.'0n3.", in welchem
StĂĽcke sie die Titelrolle spielte, die im
vollen Gegensatze zur vorgenannten
Partie steht. I n Gemeinschaft mit La-
blache entfaltete sie hier eine herz-
bezwingende Komik, und einen nie ge-
sehenen Reichthum an komischer Gestal-
tungskraft, der durch die Vereinigung
'natĂĽrlicherJugendblĂĽte mit wahrer fran-
zosischer Grazie nur nock gesteigert ward.
Der nicht endenwollende Applaus des
Publicums bestätigte, daß dasselbe noch
nicht in graziöserer Weise die Serva zur
Padrona sich habe umwandeln sehen.
Nun kamen auch von allen Theaterdirec»
tionen Italiens Einladungen und An-
träge zu Gastspielen, denn Alles wollte
die gefeierte Deutsche, welche die Neapo«
litaner bezwungen hatte, hören und
sehen. Nachdem sie bis 1833 auf verschie-
denen BĂĽhnen der italienischen Halb-
insel gesungen, wurde sie fĂĽr eine Saison
bei der italienischen Oper in Paris enga-
girt. Von da kehrte sie wieder nach
Italien zurĂĽck, wo sie, eine Gastreise
nach, Deutschland im Jahre 1839 ab-
gerechnet, bis 1840 in Florenz, Venedig,
Rom, Trieft u. s. w. Engagements hatte.
1841 nahm sie auf dem Dresdener Hof-
theater in der Oper „Belisar" von der Bühne Abschied, indem ihr Frau
Sch röd er < D e v r i e nt mit eigenen
Händen den Lorberkranz reickte, und
lebte, zuweilen auf kurze Zeit Wien und
andere Großstädte besuchend, meist in
Florenz, wo sie auch hochbetagt starb.
In der Biographie Lenau's (N i emb sch
von Strehlenau Bd. XX, S. 324)
wurde erzahlt, daĂź der Poet die groĂźe
Sängerin liebte, und diesem Umstände
verdankt es Herausgeber dieses Lexikons,
daß er dieselbe persönlich kennen lernte,
denn Lenau wollte den dichtenden Unter«
ofsicier — ich war zu jener Zeit Cadet-
Feldwebel und bei dem Inhaber meines
Regiments, dem Feldzeugmeister Grafen
Nugent in Wien zur Dienstleistung
commandirt — seiner Diva, bei welcher
er die Abende zuzubringen pflegte, vor»
stellen. Es war dies im Jahre 1839. Die
Sängerin, bei der ich denn in Gesellschaft
Lenau's einen ganzen Abend zubrachte,
mochte damals Mitte der DreiĂźiger stehen.
Schön war sie nicht und dürfte es auch
im eigentlichen Sinne des Wortes nie
gewesen sein. Dagegen besaĂź sie eine herz-
bestrickende Anmuth, mit welcher sie eine
geistreiche Konversation verband, was
den Mangel an Schönheit völlig ver-
geffen lieĂź. Die Verbindung, wie sehr
auch Lenau sie anstrebte, kam, und wohl
zum GlĂĽcke Karol inens, nicht zu
Stande. Dagegen vermalte sie sich mit
dem ebenso gelehrten als geistvollen
Franzosen S a b a t h ier. Unter den
Sängerinen des laufenden Jahrhun-
derts, und zwar in der ersten Hälfte
desselben, nahm die Unger eine
hervorragende, wie ihre Enthusiasten
wollten, die erste Stelle ein. Ihre
Stimme war in der Tiefe und Mitte
von unvergleichlicher Schönheit, etwas
weniger in der Höhe; ihre Schule vor-
trefflich und ihr ganzes Gebaren auf der
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Ullik-Vassimon, Volume 49
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Ullik-Vassimon
- Volume
- 49
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1883
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 348
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon