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Verriß Pietro Verriß Pietro
Biographie erwähnten Schrift von Bec
caria über die Mängel und die Abhilfe
derselben im Münzwesen des Staates
Mailand. Als er dann im Jahre 1763
seine Betrachtungen über die Glückselig
f^r — die bibliographischen Titel von
Verri's Schriften folgen auf S. 146
— durch den Druck veröffentlichte, wurde
er, damals 36 Jahre alt, zum Rath
ernannt. Das war nun eine Stellung,
die dem Manne, der sie gewissenhaft
erfaßte, genug zu schaffen gab. Und in
der That, um sich die Dankbarkeit seiner
Mitbürger zu erwerben, gab er sich mit
allein Eifer seinem Berufe hin, enthüllte
schonungslos die ungeheueren Miß-
brauche, die sich bei der Erhebung der
öffentlichen 3asten eingeschlichen, und
schlug die Mittel vor, wie dies Nebel
zum Vortheile des Fürsten und der Unter-
thanen gehoben werden könnte. Die
Frucht dieser seiner angestrengten Arbeit
war, daß er sein Vaterland von dem
Joche der Pächter befreite, indem er den
zahllosen Widerwärtigkeiten, ja selbst
Gefahren muthig Trotz bot, die sich ihm
in den Weg stellten, und daß er den Haß
der Minister, welche aus der Verpachtung
Vortheil zogen, auf sich lud; aber selbst
die Gefahr, sein eigenes Vermögen ein-
zubüßen, zog
Gewinne vor, er dem Vortheile und
den er aus einer Ver-
einigung mit den Pächtern hätte ziehen
können. Die Schilderung dieser Nebel-
stände und der Heilmittel dagegen schickte
Verr i an den Minister Fürsten K aunitz,
da die Kaiserin Mar ia Theresia um
diese Zeit mit dem Plane umging, eine
Hofhaltung in Mailand einzurichten, für
welche die Mittel zur Bestreitung aus
dem Gebiete dieser Stadt genommen
werden sollten. Verr i wies nun nach,
daß es das beste Mittel sei, wenn man die
Regalien den Händen der Generalpachter entreiße und sie der Regierung anheim» >
stelle. So ward ihm denn der Auftrag zu
Theil, ein Verzeichniß der Einnahmen
und Ausgaben des Staates zu entwerfen
und das Ergebniß dieser Zusammen«
stellung vorzulegen. Innerhalb Jahres-
frist brachte er sein Elaborat zu Ende.
Dasselbe war nur eine neue Bekräftigung
der von Verr i schon früher enthüllten
Uebelstande. Man setzte nun in Folge
dessen eine Junta ein, welche die neuen
Pachttarife und Gesetze zu prüfen
hatte. Im Jahre 1763 zum Mitgliede
der obersten Finanzverwaltung ernannt,
welche die neue Reform ins Werk sehte,
wurde er 5772 Vicepräsident, 178l)
Präsident bei der Kammer, 1783 wirk-
licher geheimer Staatärath und erhielt
noch im nämlichen Jahre von Kaiser
Joseph den St. Stephansorden. Aber
die vorbeschriebene ehrenvolle Laufbahn
legte er nicht so ohneweiters zurück.
Die uon ihm vorgeschlagene Abschaffung
der Generalvacht, welche durchzusehen
ihm denn auch gelang, regte Racke und
Neid, und zwar nicht ohne Erfolg, gegen
ihn auf. Man verdächtigte ihn, wie man
nur konnte: hinter seinem Eifer, hieß es,
berge er nur Eigennutz, und mit seinen
Reformen buhle er nur um die Volks-
gunst, eine Verdächtigung, welcher die
immer mißtrauische Regierung nur zu
gern Glauben zu schenken bereit war.
Anderseits zieh man ihn des Hochmuths:
mit seinem Genie und Nissen wolle er
über Alle hinwegschreiten und Alles nach
seinem Kopfe umgestalten. Dieses Miß-
trauen vermehrte die Hindernisse, welche
sich seiner schnelleren Carriöre entgegen-
stellten, und nicht selten sah er sich ge»
zwungen. die Zeit in Vertheidigung seiner
Person zu vergeuden List und Bosheit
waren in ununterbrochener Action gegen
ihn, und da die Revolution, welche er in
v, Wurzbach, biogr. Lerikon. I.. r. 4. Juni l885.1 l0
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vastag-Villani, Volume 50
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Vastag-Villani
- Volume
- 50
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1884
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 338
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon