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Vogl, Johann Michael 27 Johann Michael 27
Penston, aber mit ihr noch lange nicht
in den Ruhestand, denn innerlich mit
seiner Kunst verwachsen, widmete er der-
selben auch jetzt wieder, wenngleich in
anderer Richtung, seine noch immer be-
deutenden Kräfte. Schubert war da-
mals erstanden, und Vog l , kann man
sagen, hat diese Wiener Nachtigall
gleichsam entdeckt und dem Wiener Pu<
blicum vorgeführt. I n einem Concerte
nämlich, welches im Kärnthnerthortheater
am 7. März 1821 stattfand, sang Vogl
ben „Erlkönig" von Schubert, und
damit war der Erfolg des jungen, zuvor
nur im engsten Kreise einiger Freunde
und Kunftdilettanten bekannten Com»
ponisteti gesichert. Bald fühlten sich
Sänger und Componist zu einander hin-
gezogen, und die Vorurtheile des auch
kritisch gereiften Meisters gegen die spru»
delnden Erzeugnisse eines jungen Ta-
lentes — Vogl zählte zu jener Zeit 33,
Schubert 24 Jahre — waren bald
überwunden und auch durch die, That
widerlegt. Ersterer sang auf den Wunsch
bewahrter Kunstfreunde gern jene fast
dramatischen Lieder bis in sein höheres
Alter in den Kreisen des gebildeten
Mittelstandes. S c h u b e r t übernahm
dann immer die Begleitung am Klavier;
ohne eigentlich Virtuos zu sein, reichte
er im Accompagnement vollkommen aus,
durch Geist und Empfindung ersetzend,
was ihm etwa an technischer Vollendung
fehlte. Schubert's „Memnon", „Phi-
loktet", „Wanderer", „Orest", „Gany-
med", „An Schwager Kronos", „Der
Einsame", „Die Müllerlieder", „Die
Winterreise" und noch andere Meister-
werke dieses Schwans der Donau waren
für Vogl's Weise und Vortrag wie ge»
schaffen. Kleine Aenderungen und Aus»
schmückungen, die sich der gewandte und
effectkundige Sänger erlaubte, erhielten dann auch öfter die Zustimmung des
Tonsetzers, gaben aber nicht selten Ver-
anlassung zu freundschaftlichen Contro»
versen. Das Vorgehen Vogl's, wenn
derselbe dann mit anderen jungen Ton-
setzern Schubert'sche Lieder sang, ist in
der Biographie Vesque's von Pütt«
lingen M . 1^ S. 498) geschildert.
Im Jahre 1826 überraschte der achtund-
fünfzigjährige Sänger seine Freunde
durch die Mittheilung, daß er sich ver»
malt habe; wir sagten überraschte,
da man aus seinen Aeußerungen immer
zu entnehmen glaubte, daß er zeitlebens
unverheiratet zu bleiben gedenke. In-
dessen hatte er Jahre her mit einem fast
außer Zusammenhang mit der Welt erzo-
genen weiblichen Wesen in einer Art von
ethisch-pädagogischem Verhältniß gestan-
den, wobei er sich
als berathender Freund
und Lehrer benahm, wahrend ihm das
sanfte Gemüth des nicht mehr ganz
jungen Mädchens mit leidenschaftlicher
Verehrung zugethan war. Dieser im
Spätherbste seines Lebens geschlossenen
Verbindung entstammte ein Töchterlein.
Aber schon vor dieser Heirat wurde Vogl
oft von Leiden gequält, die Gicht war es.
welche sich in verschiedenen Formen
äußerte, und gegen welche er mannigfache
meist fruchtlose Heilversuche anwendete.
So reiste er denn auch im Herbste 1823
nach Ilalien, wo er bis zum nächsten
Frühjahre verweilte, und bei seiner Rück-
kehr schritt er zur Ehe. in welcher er
14 Jahre lebte, die letzten aber unter so
furchtbaren Schmerzen, daß es der ganzen
himmlischen Geduld seiner sanften und
frommen Frau bedürfte, um weder in
der Krankenpflege, noch im Zusprechen
und Trösten völlig zu ermatten. Endlich,
im Alter von 72 Jahren, wurde er durch
den Tod von seinen qualvollen Leiden
erlöst. Ueber Vogl's künstlerische Lauf»
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Villata-Vrbna, Volume 51
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Villata-Vrbna
- Volume
- 51
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1885
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 350
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon