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Er hieß eigentlich Jacob Fräs. Den
deutschen Familiennamen slavifirte er in
Vraz. Stanko aber ist die Slovenisi-
rung des Namens Constantin, den er
bei der Firmung erhielt. Das Gymna»
sium besuchte Vraz zu Marburg, und
nachdem er es beendet hatte, bezog er
die Hochschule Gratz, an welcher er acht
Jahre zubrachte, ohne zu. einem eigent»
lichen Abschlüsse seiner Studien — er
betrieb anfangs mathematische, später
rechtswissenschaftliche Disciplinen — ge«
langen zu können. Schon 1846 begann
er auf dem Gebiete der slovenischen
Literatur thätig zu sein, trat auch, noch
Student, in Beziehungen zu Ljudivit
Gaj M . V, S. 38^, dem eigentlichen
BegrĂĽnder des croatischen Illyrisinus
und der neueren croatischen Literatur,
dann zu dem Abte K r i z m a n i 6,
welcher Milton's „Verlorenes Para-
dies" in seine Muttersprache ĂĽbersetzt
hatte und zu jener Zeit als Nestor der
croalischen Literatur galt. I n der Zwi°
fcbenzeir. 1837—1840, sammelte er sorg-
fältig slovenische Volkslieder und durch-
wanderte zu diesem Zwecke Kärnthen.
Krain, Steiermark und Ungarn.. 1838
ĂĽbersiedelte er, mit dem EntschlĂĽsse, sich
ganz der Literatur zu widmen, nach
Agram. Jahre vergingen, ohne daĂź es
ihm gelang, eine feste Anstellung zu
finden, er schrieb daher in illyrischer
Sprache und unterstĂĽtzte Gaj, als
dieser die Zeitschrift „vanics.", d. i.
Der Morgenstern, herausgab. Aus
einem Schreiben des Dichters an P.re-
gern Md. XXII I , S. 267) ääo. Gratz
19. November 1837 erfahren wir, wie
sich diese Wandlung vom Slovenen zum
Croaten vollzog. „Ich habe", schreibt
Vraz, „mich seit dem verflossenen Früh-
jähre vom undankbaren Felde, das ich
fĂĽnf Jahre mit aller Liebe bebaute, zurĂĽckgezogen, um nicht wieder zurĂĽckzu-
kehren. Mit dem Slovenismus habe
ich es abgethan, zumal ich auf meiner
letzten Reise alle meine Schriften, die ich
vom Jahre 1832—1836 im Slovenischen
besaĂź, verlor. Seit vorigem Jahre (1836)
schreibe ich nur illyrisch". Endlich,
1846, fiel auf ihn die Wahl zum Se-
cretär der Agramer Matica — Name
einer literarischen Gesellschaft, welcher
sich alsbald auf ahnliche Vereine anderer
slavischer Idiome verpflanzte — in
welcher Eigenschaft er auch die Redaction
der croatifchen Zeitschrift „Tolo" —
Name eines slavischen Rundtanzes —
ĂĽbernahm. An der Herausgabe dieser
letzteren betheiligten sich fĂĽr die ersten
drei Bände 1842 und 1843 Vuko-
tinovic und Dragotin Rakoveo
^Bd. XXIV, S. 361/j; den vierten bis
zum achten (letzten) 1830 gab Vraz
ganz allein heraus. Im Jahre 1843
ging er fĂĽr einige Zeit nach Prag, um
sich an Ort und Stelle mit der öechischen
Literatur vertraut zu machen; auch legte
er dort die letzte Feile an seine Lieder»
sammlung „A«ts?6 2 öKmö^s", die dann
daselbst herauskam. Das Jahr 1848
rĂĽttelte auch ihn aus seinen poetischen
Träumereien, nicht nur daß er den regsten
Antheil an der Bewegung ĂĽberhaupt
nahm. er betheiligte sich auch persönlich
an derselben, freilich nur in friedlicher
Weise, indem er die Croaten und Slo-
venen auf dem SlavencongreĂź zu Prag
vertrat. Daselbst stand er bereits in so
hohem Ansehen, daĂź man ihn zum ersten
Vicepräsidenten des Congresses ernannte.
Der Keim des Leidens, den er seit Jahren
in sich trug, begann sich nun rascher zu
entwickeln, und im besten Mannesalter
von 41 Jahren wurde Vraz vom Tode
dahingerafft. Seiner journalistischen Thä>
tigkeit haben wir bereits gedacht, er gab
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Villata-Vrbna, Volume 51
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Villata-Vrbna
- Volume
- 51
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1885
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 350
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon