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Wadler Wadler
und vertauschte bei dieser Gelegenheit
seinen Taufnamen Franz mit dem
Klosternamen T h a d d ä u s . Letzterer
Umstand macht es erklärlich, daß in
Rede Stehender, bald als Thaddäus
Surrer, bald als Franz Wadler
erscheint. Da er aber letztere Benennung
von 1789 ab bis zu seinem Tode führte,
so reihen wir ihn auch in diesem Werke
unter derselben ein. Am 27. December
1768 erhielt Wadler mit Dispensation
von 13 Monaten am vorgeschriebenen
Alter die priesterliche Ordination. Unter'
dessen lag er mit großem Eifer den philo-
sophischen und theologischen Studien ob,
zeigte sich bald als einen sehr fähigen
Kopf und wurde 1771 Lector, als welcher
er den Novizen im Kloster Philosophie
vorzutragen hatte. I n seinen freien
Stunden nahm er mechanische Arbeiten
vor, mit Vorliebe Uhrmacherei, und ver-
fertigte mit nicht gewöhnlichem Geschick
hölzerne Uhren in der Art der bekannten
Schwarzwälder. 1773 erhielt er das
Lectorat des geistlichen Rechts und der
Moral im Stifte, bediente sich aber
in ersterer Wissenschaft der damaligen
neuesten katholischen und protestantischen
Lehrbücher und folgte in dec Moral
seinem eigenen System, die bis dahin in
den Klöstern in hohem Ansehen stehenden
Casuiften geradezu übergehend, indem er
aus der Philosophie, der Bibel und den
ältesten Kirchenvätern, als den reinsten
und eigentlichen Quellen aller Theologie,
den Stoff seines Vortrages schöpfte.
Durch diese Lehrmethode, die mit den
bisherigen klösterlichen Ueberlieferungen
freilich nicht übereinstimmte und in den
Novizen einen Geist wecken konnte, der
nicht mehr in klösterliche Schranken zu
bannen war, erregte er ebenso das Miß-
trauen als die Unzufriedenheit seiner
Klosteroberen, die ihn dann auch '1778 seines Lehramtes entsetzten und nach
Kufstein in Tirol verbannten, wo er
nichts zu thun hatte, als allenfalls
Uhren zu machen, womit er sich denn
auch drei Jahre lang unterhielt. Als
aber nach Kaiser Josephs Thronbestei-
gung in den geistlichen Regionen ein
frischerer Wind zu wehen begann, wurde
auch Wadler aus seiner Kufsteiner Ver-
bannung hervorgeholt und 178i doch
wieder als Lector der Moraltheologie
und des canonischen Rechtes in seinem
Kloster zu Salzburg angestellt, im Jahre
1783 zum Superior am Dnrnberg' bei
Hallein und bald darauf zum Prior des
Augustinerklosters in Hallein ernannt.
Drei Jahre stand er letzterem Amte vor
und sollte 1789 als Prior nach dem
Salzburgischen Städtchen Tittmoning
gehen, als er wider alle Erwartung,
statt diesem Rufe zu folgen, dem Kloster-
leben Valet sagte und heimlich nach Re»
gensburg entfloh, wo er sein Ordenskleid
und seinen Klosternamen Pater Thad«
daus ablegte und sich Franz Wadler
nannte. Die „Allgemeine (Ienenser)
Literaturzeitung" schrieb nun über diesen
Fall: daß unser Geistlicher mit seiner
Lage und seinen Verhältnissen schon
lange unzufrieden gewesen sei und man
eben kein feiner Menschenkenner zn sein
brauche, um verborgenen Gram und
Mißvergnügen auf seiner Stirne zu
lesen s1790, Nr. 32^. In Nürnberg
trat Wadler zur protestantischen Con»
'ion über. Um sein Dasein zu fristen
und nicht gleich vielen anderen vom
Glauben Abfallenden auf fremder Leute
Kosten zu leben, arbeitete er, bis er ent-
sprechende Beschäftigung fand, da er sich
auf das Buchbinden verstand, bei einem
Meister dieses Handwerkes in Furth,
dann als Geselle bei einem solchen in
Nürnberg. Aber schon nach einem halben
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vrčevic-Wallner, Volume 52
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Vrčevic-Wallner
- Volume
- 52
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1885
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 342
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon