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erdinand Georg Waldmüller^ Ferdinand Georg
Förster schreibt in der „National-Ieitung"
anläßlich der allgemeinen deutschen Kunst»
ausstellung zu München im Jahre 1838 über
Waldmül ler , dessen „Klostersuppe" und
„Bescherung am Cbristmorgen" seinen mit-
theilten Beifall finden: „Einer der ersten
Meister des Faches (Genre) ist Waldmül-
ler in Wien. Die Lebendigkeit der Darstel«
lnng leidrt bei ihm durchaus nicht unter dem
Fleiße der Ausführung, und was solchen
Schilderungen vor Allem Werth gibt: der
Ausdruck ist sprechend". Es sind wenige, aber
anerkennende Worte dieses Meisters der deut«
schen Kunstforschung, — Kertbeny. der mit
Mem, was er schrieb, durch seine seinsollende
Unparteilichkeit, hinter welcher sich aber die
größte Parteilichkeit verbarg, böses Blut er-
regte, und der immer, so unbef.mgen und
stoisch er sich stellte, doch böchst persönliche
Zwecke verfolgte, schreibt übec Waldmül-
ler so abstoßend, daß wir se!n Urtheil nur
als Gegensatz zu dem berufener Männer
und als Beweis der Verirrungen, einer feilen
Kritik hier fo lg en lassen. „Wald m ü ller ist
der Eastelli im Genre, und eine so typisch
stereotype und unschöne Nace er sich zu diesem
Zwecke erwählt und so technisch schwerfällig ('.),
unbeholfen (! !) und blrchern (!!!) er sie
durchführt, er hat sich ein Genre gcsckaisen,
das man in dieser Bedingniß gelten lassen
kann, als gleich adjusti'.te Fabrikswaare zur
Hrbung hausbackener Gemüthlichkeit und
zur Befriedigung philisterhafter Behaglichkeit
auf der B erbank. Er sieht im Volke nicht
dessen lyrisch'dramatische Seiten, blos dessen
niedrig komische und niedrig epische (!),
brachte es aber darin zu einem gewissen Styl,
wie in seiner Art H as cnclev er. ein Slyl,
der bar aller poetischen Stimmung, aber
typisch strirt ist und da^cr nicht negirt werden
kann. Gefallen wird außer Oesterreich Ni>>'
mand air diesen ColNpositionen finden — und
es ist bekannt, wie zahlreich rben Wald«
müller's Bilder nach England und Amerika
gingen! — dein Fremden fehlen jene Nemini»
scenzen für gemüthliches Verständniß derselben,
und objectiv betrachtet bleibt nichts zurück,
als e!ne häßliche Menschenrace, eine creiinen-
artige Generation (!) in unkünstlerischester.
übersülltest'.r Gruppirung uon einer Total«
färbe, wie blaue und braune Kattundrucke
und uon einer Mache, wie Bilder auf lackir»
ten Blechwaaren. Die Kuastkutik Hai kaum
Etwas mit diesen Schöpfungen zu thun. die
fast nur als naturalistische Curiositäten einen Werth haben und als solche eine ausgespro-
chene Specialität bilden". Verfasser dieses
Lerikons denkt noch heute, mic welcher Ent»
rüstung diese triviale Kritik in der Wiener
Gesellschaft aufgenommen wurde, und wie
ihr Autor in den Bierhäusern damit renom-
mirte. als wollte er sc^ gen: Na nun, denen hat
einmal Einer die Wahrheit zu sagen sich
geiraut, und das '.nag ibnen wohl bekommen.
Aber Herr K ercb en y verließ Wien, und ihm
folgte eine Erinnerung, auf die er sich nichts zu
Oute thun konnte. — Der unbekannt« Kunst«
kriciker der Leipziger I l lnstr i r ten Zei«
tung über d'e Wiener Kunstausstellung im
Jahre 1845 bemerkt über Na ldmül le r :
„Unter dcn W'^ner G'nrnnalern zeichnet stch
vor Allen Waldmül'.er aus. Niemand hat
eine so sichere Hand. Ni^nand vielleicht eine
so einschmeichelnde Farbe, nicht leicht irgend
wer einen so reinen Pinsel, N eniand. ist ein
besserer Virtuose als er. aber er ist auch ein
Eybl sBd. IV, 3 li»,^, der noch mebr
ausführt als dieser, rein nur Instrumentalist.
er spielt mit seinen F.^ rb^n und Pinseln trotz
eines Thalberg, not; eines Paganini ,
aber er ist kaum medr als eine bewunderungö«
würdige 'iopirmaschine, die trotz ihrer außer»
ordentlichem Geschicklichke,t nicht die m'ndeste
Ski^e mic fi.-^er mäanl^cker Seele entwerfen
kann. Er malt stückweise, mosüit'ähnlich —
„ilkelweise" sa^t der Wiener — heute ein
Auge, morgen eine Nase und übermorgen das
Ohr. und wäre er Aichitect, so würde er wohl
die eine Ecke seineä Hauses mit Gesims und
Zierachen vollenden und vielleicht selbst das
Dach darauf decken, ehe er noch den Grund
für die Keller des MitteUracceä ausgchoben
härte, und wer weiß od cü idm — gerade
ihm — nicht gelange'. — Franz Neber in
seiner „Geschichte der neueren deutschen Kunst"
(!876) schreibt über Wald müller: „Wien.
dessen Nichnmg dem Genre sehr günstig war.
besitzt gleichwohl in der Periode der Glanz«
zeit der deutschen Kunst in diesem Zweige
nicht uiele namhafte Künstler. Es kostete
Mühe. sich von dem an der Wiener Akademie
ebenso wie in Dresden und mehr als an
allen übrigen Malerschulen eingebürgerten
Verfahren, die Niederländer nachzuahmen und
somit die Natur immer druck fremde Brille
zu sehen, loszureißen und dem in systemati«
scher Beharrlichkeit gepredigten Manierismus
den Gehorsam zu kündigen. Das Verdienst
dieser That aebübri F. G. Waldmül ler.
Nach langcm v'.rumirrc'n in seinem Berufe-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vrčevic-Wallner, Volume 52
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Vrčevic-Wallner
- Volume
- 52
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1885
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 342
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon