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Werner. Zacharias Werner, Zacharias
hafteste gefesselt, die Nacht hindurch und!
empfahl am nächsten Morgen, als er bei
I f f l a n d wieder vorsprach, demselben
den Autor auf das dringendste. Durch
I f f l and kam der Name des Dichters in
weiteren Kreisen herum. Staatsminister
von Beyme sprach über den Verfasser
mit Staatsminister von Schrott er,
dem die maurerische Tendenz der Dich>
tung schon früher angenehm aufgefallen
war, und Werner wurde ohne sein
eigenes Zuthun von Warschau nach
Berlin versetzt, wohin er am 14. October
1803 reiste. Dort eröffnete sich ihm eine
neue Welt, welche bei dem vorherrschend
polnischen Publicum in Warschau für den
deutschen Poeten nicht zu finden war.
Nicht nur im Hause seines Ministers
Schrötter, seines Verlegers Sander
und bei anderen geistig hochstehenden
Familien fand er die gastlichste Auf-
nähme, er knüpfte auch freundschaftlichen
Umgang an mit Männern, welche zu den
Koryphäen des Geistes in dem damaligen
Spree-Athen zählten, mit Johannes von
Mül ler , Fichte, H i r t , Schadow,
Uh den, mit den .Künstlern der Berliner
Bühne, namentlich mit der Unzel»
mann-Beth mann, und da seine Be>
rufung weniger des Dienstes wegen, son»
dern uin einem ausgesprochenen Talente
Gelegenheit zur Entfaltung zu bieten,
erfolgt war, sah er sich auch amtlich
wenig beschäftigt und lebte dieses letzte
Jahr vor der feindlichen Invasion —
denn am 14. October 1806 ward die un-
glückliche Schlacht von Jena geschlagen
— ganz seiner Muse und schuf das be»
rühmte Stück: „Martin Luther oder
'"die Weihe der Kraft". Mit seiner Auf»
führung erlebte das Schauspiel, in wel<
chem I f f l and Luther's Rolle spielte,
einen so sensationellen Erfolg, daß dieser
berühmte Mime mit dem Manusccipte von Stadt zu Stadt reiste und es dem
Publicnm Abends öffentlich vorlas. Als
aber im October 1806 die siegreichen
Franzosen in Berlin einrückten und es
zur Trennung Lud- und Neu-Ostpreußens
vom preußischen Staate kam, wurden zu
gleicher Zeit die Dienstverhältnisse sammt»
licher bei diesen Departements angestellt
gewesenen Beamten, also auch Wer»
ne r's aufgelöst. Im Dichterruhme schwel«
gend, vernachlässigte er seine dritte Frau,
die er 1801 in Warschau geheiratet hatte,
und die von Allen, so sie kannten, als
liebenswürdig geschildert wird. Die Folge
davon war die Auflösung der Ehe, welche
mit Einwilligung beider Theile geschah.
Nun fesselten ihn weder Dienst noch Fami-
lienbande, und nachdem er noch den
Winter 1806 in Berlin geblieben, ging er
im Sommer 180? auf Reisen. Zunächst
besuckte er Plag und Wien. von welchen
beiden Städten er sich sehr angezogen
fühlte, im Spätherbst begab er sich über
München, wo er Iakobi's und Schel»
ling's Bekanntschaft machte, nach Frank«
fürt a. M., Köln, dann nach Gotha, wo
er bei dem geistvollen Herzog freundliche
Aufnahme fand, endlich nach Jena und
Weimar. In letzterer Stadt verstand er
es sogar, Goethe's, der sich fremden
literarischen Persönlichkeiten gegenüber
gewöhnlich sehr zugeknöpft verhielt,
Theilnahme zu erregen, fand bcim^erzog
Karl Angust huldvolle Aufnahme und
blieb drei Monate daselbst. Im Früh- '
jähr 1808 kehrte er nach Berlin zurück,
wo er den Einzug Napoleons sah.
Von dort reiste er im Sommer in die
Schweiz, traf bei einem Sonnenauf»
gang auf dem Rigi mit dem damaligen
Kronprinzen von Bayern. Ludwig,
zusammen und lernte dnrch ihn dann bei
dem schweizerischen Volksfeste zu Inter»
laken die berühmte Madame Stae l
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weninger-Wied, Volume 55
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Weninger-Wied
- Volume
- 55
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 340
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon