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Mickeudurg, Albrcchr Albrecht
Unterbrechung erlitt. Der Vater war
natürlich von den schweren Pflichten
seines Amtes vollauf in Anspruch ge-
nommen, die Mutter schon damals körper»
lich leidend und der Hofmeister ein viel zu
eifriges Mitglied der „akademischen Le-
gion", als daß er noch Zeit gehabt hätte,
sich viel um seinen Zögling zu kümmern.
Auch in der nächstfolgenden Zeit blieb
der regelrechte Gang der kaum begon»
nenen Studien des jungen Grafen unter-
brochen. Der Vater hatte seine Stelle
niedergelegt und sich auf Reisen begeben,
und Wicken bucg konnte nun wahrend
der zwei Jahre, die er mit seiner Mutter
und seinen Schwestern auf dem Lande
(theils in Gleichenberg, theils in Göfting
nächst Gratz) verbrachte, nur höchst man«
gelhaften Unterricht genießen, und so
ging diese kostbare Zeit seines Daseins
nahezu verloren. 18ol wurde er der Er»
ziehungsanstalt des Leopold Bondi in
Gratz übergeben, dieses tüchtigen Päoa»
gogen, aus dessen Institute mehrere
nachmals zu hohem Ansehen gelangte
Männer hervorgegangen sind. Nachdem
er fünf Jahre daselbst zugebracht hatte,
studirte er als Hörer der Rechte in Wien,
wo seine Familie mittlerweile bleibenden
Aufenthalt genommen und der Vater
als Präsident des Verwaltungsrathes
der Kaiserin Elisabeth-Vahn thätig war.
Er hörte die Collegien der berühmten
Professoren, welcbe damals die juridische
Facultät zierten (Arndts, Phi l l ips,
Unger, Glaser, Lorenz, Stein
u. s. w.), mit ganz besonderem Eifer
aber auch die Vorlesungen Eitelber-
ger's über Kunstgeschichte, des Profes«
sors Karl Tomaschek über deutsche
Literaturgeschichte u. s. w. an der philo>
sophischen Facultät. Einen wahrhaft
wohlwollenden Freund und unermüd»
lichen Förderer seiner Studien fand er in dem damaligen Iuristenpräfecten am k. k.
Theresianum, dem nachherigen Justiz,
minister und gegenwärtigen Senats«
Präsidenten des obersten Gerichtshofes,
Dr. Karl Habietinek. Ein inniges
Freundschaftsbündniß knüpfte ihn auch
an den kürzlich verstorbenen außerordent«
lichen Gesandten und bevollmächtigten
Minister Ernst Freiherrn von Teschen«
öerg, dessen Verkehre mit ihm er die
meiste Anregung verdankt, die er in
seinen Iünglingsjahren genoß. I n sva»
terer Zeit ersetzte ihm diesen Freund der
Professor Robert Zimmermann, eine
der Zierden des heutigen Wiener Lehr-
körpers. 1860 beendete Wickenburg
die juridischen Studien und diente nun
eine Zeit lang als Conceptspracticant
im Polizeidepartement der niederösterrei-
chischen Statthalterei. Aber mit den ihm
zugewiesenen Agenden, wenn sie auch
aus dem amtlichen Leben nun einmal
nicht gestrichen werden können, vermochte
er sich nicht zu befreunden. Sein Sinn
war auf Anderes gestellt, als auf Anbe»
raumung von „Dampfkesselproben", Er»
ledigung der Recurse von „wegen unter»
lassener Trottoirreinigung" bestraften
Hallsmeistern, „wegen Ueberschreitung
der Sperrstunde" beanständeten Wirthen
u. dgl. m. So sagte er denn schon 1863
dem Staatsdienste Lebewohl, um fortan
seinen literarischen Neigungen und Be>
schäftigungen ausschließlich zu leben. Die
literarische Neigung war in ihm ziemlich
frühzeitig erwacht, und bereits in Gratz
hatten es Anastasius Grün und Karl
von Holtei , später in Wien der greise
Castelli und I . G. Seid l an Auf«
munterung nicht fehlen lassen, und Letz-
terer veröffentlichte von ihm schon l838
ein kleines Gedicht „Die Aeolsharfe" in
seinem Almanach „Aurora", doch be»
schränkt sich Alles, was Wickenburg
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weninger-Wied, Volume 55
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Weninger-Wied
- Volume
- 55
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 340
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon