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Wiest, Franz Wiest, Fmnz
das Zweckmäßigste, den Schauplatz seiner
bisherigen journalistischen Thätigkeit zu
verlassen und in der Fremde zu suchen,
was ihm die Heimat versagte. Im Jahre
1838 verließ er Wien und gründete in
Leipzig ein neues Journal „Die Eisen»
bahn", welcher Titel mit der eben begin-
nenden Aera des Eisenbahnwesens
zusammensiel und einladend und zugleich
verlockend klang. Das Blatt, an dessen
Redaction sich noch Karl Tropus und
Julian Chownitz betheiligten, begann
im August 1838^bei P önn i ke und Sohn
zu erscheinen und fristete sein Dasein bis
Juni 1841, doch trat Wiest für seine
Person bereits im Herbst 1839 von der
Leitung zurück, weil dasselbe eine Hal«
tung angenommen, mit welcher er, zu
seiner Ehre sei es gesagt, nicht überein-
stimmte. Von Leipzig begab er sich nach
Mainz, um sich an einem anderen jour«
nalistischen Unternehmen zu betheiligen,
nämlich an der von Dr. Rheinländer
im October 1837 begründeten Zeitschrift
„Das Rheinland", die er nun von ihrem
vierten Jahrgange, 1840, an übernahm
und bis 1842 fortführte. Er leitete sie so
geschickt, daß sie bald das gelesenfte
Blatt am Rhein wurde. Mit diesem
Unternehmen verband er aber noch die
Zeitung dreier anderer Blatter. Er gab
nämlich wahrend der Sommersaison auch
eine Badezeitung, „Der Cursaal", für
die Taunusbader heraus, in der Winter»
saison aber eine Carnevalszeitung, „Die
Narrhalle", welche er während der Jahre
1841 und 1842 redigirte, worauf sie
1843 an Ludwig Kalisch überging.
Das dritte Journal, das er ins Schlepp»
tau des „Rheinland" genommen, war
die „Süddeutsche Theaterzeitung", die
es aber nicht über einen Jahrgang,
1842, brachte. Am Rhein verstand er
es, durch sein gut redigirtes und bald beliebt gewordenes Vlatt einen Kreis
von Männern an sich heranzuziehen,
welche damals einen guten Klang hatten
und in ihren geistvollen frohmüthigen
Arbeiten den Alp der Censur vergessen
ließen, welcher im Vormärz allenthalben
auf der deutschen Journalistik lastete.
Von diesen Mannern nennen wir: E. M.
Oettinger, Dingelftedt, Freilia/
rath, Kalisch, Schnetzler, Frank
von Steinach, welche ab und zu sich
in Mainz einfanden. Auch brachte ihn die
mit Geist und Witz redigirte „Narrhalle"
in nähere Verbindung mit den Karne-
vals gesell schaften von Mainz, Mannheim,
Coblenz, Cöln und Düsfeldorf, die ihrer»
seits wieder die Förderung des Froh»
sinns, welche er mit seinem Blatte sich
angelegen sein ließ, dadurch lohnten, daß
sie ihn unter ihre Mitglieder aufnahmen.
Mit der Herausgabe seines Blattes aber
verband er den damals noch nicht abge»
! brauchten zeitgemäßen literarischen Sport
jährlicher humoristischer Vorlesungen,
welche er im großen Casinosaale hielt,
zu denen das gewählteste Publicum
sich drängte, und an denen die aus-
erlesensten Kräfte der Musik, Literatur
u::d Vühne mitwirkten. Im Jahre 1842
vermalte er sich mit einer jungen Elt»
villerin, und da ihn Sehnsucht nach seiner
Vaterstadt trieb, gab er die Redaction
der vorgenannten Blätter auf und über»
siedelte mit seiner jungen Gattin nach
Wien. Auf der Reise dahin hielt er in
verschiedenen Städten Deutschlands, in
Wiesbaden, Darmstadt, Karlsruhe, Müw
chen, dann in Augsburg, Freiburg, Ne>
gensburg, Pafsau und Linz, in mehreren
dieser Städte bei Anwesenheit höherer
Fürstlichkeiten, öffentliche stark besuchte
Vorlesungen, bei denen wieder Künstler
der Bühne, wie die Sängerin Sabine
Heinefetter, Tenorist Pischek, Tan-
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wiedemann-Windisch, Volume 56
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Wiedemann-Windisch
- Volume
- 56
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 340
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon