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Mindisch-Gratz) Alfred Candid 47 Mindisch-Gratz. Alfred Candid
gegeben hatte, wurde durch einen Schuß
schwer am linken Fuße blessirt. Am
Morgen des 13. Juni erschien eine De-
putation bei dem Fürsten mit Anträgen
zu einer Kapitulation, die auch unter der
Bedingung der Freilassung des Gouver»
neurs Grafen Thun und der Weg»
räumung der Barricaden bewilligt wur-
den. Der ersterwähnte Punkt ward so^
gleich, der letztere auf der bei weitem
ruhiger gestimmten Kleinseitö ebenfalls
schnell, in der Alt- und Neustadt da-
gegen nur langsam ausgeführt. Am
Morgen des 14. Juni traten die Greig>
niffe in Prag in eine neue Phase. Es
erschien nämlich die vom Wiener Mini
sterium abgesendete Hofcommission sGe-
neral der Cavallerie Graf Mensdorff
und Hofrath Kleszansky) mit dem
Auftruge, das Benehmen des Fürsten
Windisch «Grätz zu untersuchen
Das erfüllte die Umsturzpartei mit neuen
Hoffnungen, sie wurde kühner in ihren
Forderungen, verstärkte und erhöhte die
Barricaden auf der Alt' und Neustadt.
Die Hofcommission ersuchte den Com»
mandirenden, den Altstädter Ring. das
Kinsky'sche Palais und das Carolinum
zu räumen, in der Hoffnung, durcb diesen
Vertrauensbeweis die Insurgenten zur
Ruhe zu bringen. Fürst Windisch»
Grätz gab nach, war aber, das nichts
weniger als beruhigende Verhalten der
Aufrührer erwägend, bereits entschlossen,
das rechte Moldauufer zu verlassen und
eine bessere Stellung am Hradschin ein»
zunehmen. Während die Hoftommission
unfruchtbare Verhandlungen im Rath»
hause pflog, begann er in der Nacht vom
14. zum iö. seinen Abmarsch. Mitten
unter seinen Grenadieren, die nicht zu>
geben wollten, daß er sich zu Pferde
setze, und ihn baten, in ihrer Mitte zu
Fuß zu marschiren, langte er in der Posi
o Würz bach, biogr. Ierikon. I^VII. ^Gedr tion am Hradschin an, wo er sofort den
Befehl ertheilte, nebst der steinernen
Brücke und der Insel Campa alle Zu«
gange zur Kleinseite zu besetzen und die
Kanonenbatterien am Ufer und eine
Mörserbatterie am Plateau des Hrao»
schins aufzuführen. Die Insurgenten,
welche den Abzug der GarnWn in der
Nacht für das gänzliche Aufgeben der
Stadt hielten, benutzten diese Gelchen-
heit zur Ermuthigung ihrer Anhänger;
Siegesplacate wurden von ihnen ver-
breitet, ein selbständiges böhmisches Mi<
nifterium, ein böhmischer Commandant
und nationale Garnison, vor Allem aber
die Stellung des Fürsten Windisch»
Grätz vor ein Nationalgericht und Ent»
fernung der Grenadiere und der übrigen
Truppen aus der Provinz begehrt. Umso
größer war der Schrecken der Aufrührer,
als sie im Glänze der Morgensonne >^es
13. Juni ihre Gegner im Besitze der
Kleinseite und der dominirenden An>
höhen und die Geschütze und Mörser auf
die Alt> und Neustadt gerichtet sahen.
Ein allgemeines Feuer der Insurgenten
vom rechten Ufer auf die militärischen
Stellungen an der Kleinseite verstummte
gegen Mittag auf einige wohl ange«
brachte Geschützladungen. Um diese Zeit
verfügte sich die Hofcommission aus das
königliche Schloß und erklärte, die eiw
zige Hoffnung zur Beruhigung der Ge>
müther läge in der Ueber^abe des Com-
mandos von Seite des Fürsten Win-
disch» Grätz an den General der Caval»
lerie Grafen Mensdorff, wozu sich
der Erstere ohneweiters bereit zeigte,
wenn dadurch der Stadt die Ruhe
wiedergegeben und das Land Böhmen
dem Kaiser erhalten werden könne. Kaum
jedoch war diese Nachricht unter die
Truppen gekommen, als Soldaten, Ofsi-
ciere und Generale sich versammelten
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Windisch-Wolf, Volume 57
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Windisch-Wolf
- Volume
- 57
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 334
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon