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Mitthauer Witthauer
stellt sind. Jedenfalls hat er, wie sein
Wesen und Wirken bestätigt, eine sorg-
faltige Erziehung genossen und sich später
durch eigenes Studium fortgebildet. Nach
seinen oben erwähnten Aeußerungen wäre
er in Schweden in diplomatischer Eigen-
schaft gewesen, hätte darauf als Ofsicier
gedient, was durch eine preußische und
eins andere Aufgebotmedaille erwiesen
ward. Dann hielt er sich mehrere Jahre
in London auf, wo er seine gründliche
Kenntniß der englischen Sprache erwarb,
in welcher er später, wie auch in der
französischen, Unterricht ertheilte. I n
ersterer war Lenau sein Schüler, als
dieser, wie bekannt, den Entschluß gefaßt,
nacb America auszuwandern. Von Lon-
don kam Wi t t Hauer nach Oesterreich,
dies mochte um die Mitte der Zwanziger»
Jahre gewesen sein, und zwar ging er
nach Wien, wo er vorab sich mit Unter-
richtertheilen in der französischen und
englischen Sprache beschäftigte, zugleich
aber als Kritiker zunächst in der Bäuerle
schen „Theater-Zeitung" thätig war. Von
da trat e.r zur Schickh'schen „Wiener
Zeitschrift" über, und als Schickh um
4838 starb, brachte er von dessen Witwe
das Blatt käuflich sman sagte um ll).l)l)0
Gulden) an sich. I n Wien befreundete
sich der geistvolle Redacteur mit den da-
maligen Koryphäen der Literatur, wie
Bauernfeld, Castell i, Seid l , Le-
nau, und schrieb über ihre Arbeiten,
namentlich wenn es dramatische waren,
die gehaltvollsten Berichte und Kritiken.
Durch dieselben erwarb sich das Blatt
das Zutrauen nicht nur des Theater«
und Lesepublicums, sondern auch fremder
Redacteure in solchem Maße, daß diese
die Notizen für ihre Blätter über in
Wien vorfallende Neuigkeiten nach seinen
Aussprachen modelten und aufnahmen.
Er war damals der Einzige in Wien, der ebenso geistreich als gediegen, ebenso wahr
als parteilos die kritische Feder führte
und dabei den Anstand und die feine
Sitte musterhaft wahrte. Er war unbe-
stechlich und schwieg, wenn er seine eigene
Meinung nicht aussprechen durfte. Die
„Wiener Zeitschrift" war, bevor die
Frankl'schen „Sonntagsblätter" erscbie-
nen (5842). das vornehmste, wirklich
aristokratische Blatt Wiens, —unt^in""'
Deutschland stand ihr zu jener Zeit nur
das Cotta'sche „Morgenblatt" eben-
bürtig zur Seite. Was den persön-
lichen Charakter Witthauer's im ge-
selligen Leben betrifft, so nennt diesen
Schriftsteller ein kurzer Nekrolog einen
„Mann des Zorns gegen das Gemeine
in Leben und Kunst"; wenn dieses ihm
in welcher Gestalt immer gegenübertrat,
so fing sein großes dunkles Auge Feuer
und die edlen Züge dieses durch lang-
jähriges Leiden früh gealterten Ange-
sichtes wurden wie seine Worte vernick«
tend. Er war voll echter ernster Gesin-
nung, ein Freund seiner Freunde, und
„sagt Alles in Einem, er war ein Mann".
(Kine Sammlung seiner kritischen Arbei-
ten dürfte einen vielleicht nur mäßigen
Band bilden, aber dieser würde inhalt-
reich und durch die Musterprosa, welche
Wit t Hauer schrieb — zu einer Zeit
schrieb, wo eine gute Prosa selbst im
Reiche noch nicht zu häufig anzutreffen '
war — eine Bereicherung der Lite-
ratur sein. Von seinen literarischen Ar-
beiten ist außer den erwähnten kritischen
nur wenig bekannt, so eine Erzählung in
dem zum Besten des überschwemmten
Pesth von ihm herausgegebenen „Album.
Unter Mitwirkung vaterländischer Schrift»
steller" (2. Aufl. mit rad. Nmr. und einer
Musikbeilage, Wien 1838, 3er., 8«.) und
eine zweite im „Album für die grauen
Schwestern in Wien". Auch hat er,
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Windisch-Wolf, Volume 57
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Windisch-Wolf
- Volume
- 57
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 334
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon