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ler
Lecture astronomischer und religiöser
Schriften von Bode, L i t t row, Fran-
kenheim und Anderer nur noch mehr
angeregt wurde. Und als er eines Tages
in der Auslage eines Buchhändlers ein
von einem Volkslehrer*verfaßtes Werk
fand, betitelt „Das Leben Jesu", das-
selbe kaufte und sich darin vertiefte, da
ging mit ihm eine tiefinnerste, wir nennen
es einfach religiöse Veränderung vor, die
nun auch nicht ohne Eiilfluß auf seine
künstlerischen Arbeiten blieb, indem er
sich jetzt der religiösen Malerei zu»
wandte und ihr auch fortan treu blieb.
Aber dieser Uebergartg vom Bildnißmalen
zur Historie, zn welcher das religiöse
Bild gehört, war denn doch nicht so ein»
fach zu bewerkstelligen. Er machte zu»
nächst den Versuch mit ein paar kleineren
Altarbildern, welche „Die Taufe Jesu"
uiw den ,,H. Stephan, König von Nn-
gam" darstellten. Wenn auch die Bilder
den Bestellern gefielen, er selbst war
nichts weniger als zufrieden mit ihnen,
er fühlte, daß sein autodidaktischer Dilet-
tankismus für das erhabene und vielum»
faxende Kunstfach, dem er sich zu widmen
entschlossen war, doch nicht ausreiche.
Mit seinen Ersparnissen reiste er nun
nach Wien, und obgleich schon im Man»
nesalter, trat er doch als gewöhnlicher
Zögling in die k. k. Akademie der Künste,
in welcher er nun nach der Antike und
den lebenden Modellen arbeitete, zugleich
die Vorttäge über Anatomie hörte und
die übrigen Stunden dem Studium der
Geschichte und des Costumes widmete.
Nachdem er so drei Jahre an der Aka-
demie studirt hatte, wurde er mit der
Urkunde eines ausübenden Künstlers ent»
lassen. Er malte nun vorwiegend Altar»
bilder von größeren und kleineren Dimen-
sionen. Unten geben wir eine Uebersicht
dieser Gemälde. Da ihn Bestellungen nach den verschiedenen Städten des
Kaiserstaates brachten, bot
sich
ihm auch
vielfach Gelegenheit zu Wdnißmalerei
dar, und thatsächlich malte er in den
meisten Provinzen Oesterreichs und aucb
im Königreich Polen, in welchem Rasta
wiecki der Anwesenheit unseres Kunst
lers im Jahre 1817 ausdrücklich er
wähnt, zahlreiche Bildnisse von Privaten.
namentlich in den hohen Adelsfamilien,
wie: Eszterhäzy, Bat thyä .ny .
Csaki, Teleki, Goeß, dann mehrerer
Bischöfe, wie jener von Sekkau, Fünf-
kirchen, Veszpröm u. s. w. Nachdem er
noch zur weiteren Vervollkommnung in
seiner Kunst eine Reife nach Italien
unternommen und sich namentlich in dm
überreichen Kunftschatz Venedigs künst»
lerisch vertieft hatte, kehrte er heim und
nahm seinen bleibenden Aufenthalt in
seiner Vaterstadt, in welcher er selbst
dann noch thätig blieb, als er infolge
vorgerückten Alters an einem Auge er-
blinder war. Aber nicht nur mit dem
Pinsel arbeitete er. Unermüdet blieb er
neben seiner Malerei nach verschiedenen
Richtungen auch wissenschaftlichen Stu-
dien zugewandt, welche er dann auch zu
schriftstellerischen Arbeiten benutzte, deren
er aus dem Gebiete der Philosophie,
Astronomie und Kunst seit einer Reihe
von Jahren im Beiblatte der „Gratzer
Zeitung" viele veröffentlichte. Selbst»
ständig aber erschien von ihm das Werk»
chen: „Gratzer-Taschenbuch lnr dllZ Illhr 2sW.
Mit Z0 Wagraphirten Nnäichteii null mit hiZtu-
rischen nnt> pittarlätttn Fingerzeigen" (Grcch
l828, Kaiser, 46".). Nach längerem
Leiden starb er im Alter von 67 Jahren.
Uebersicht der Altargemälde von I . Uwnsiedler.
„Die h. Elisabeth, Landgräftn von Thüringen,
die Armen betheilend", ein großes Altarbild.
13 Fuß hoch. 9 Fuß breit, zu Palkony, einer
gräflich Batth yäny'schen Herrschaft, unweit
von Fünfkirchen; — «Die h. Fainilie"; —
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wolf-Wurmbrand, Volume 58
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Wolf-Wurmbrand
- Volume
- 58
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 380
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon