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Württemberg, Alexander 236 Württemberg, Alexander
kann sagen, daß die beiden Dichter schon
in der Jugend den Keim des Todes in
sick trugen. Alexander litt an einem
fast unaufhörlichen Kopsschmerz. Bei
Tische klagte er mir eines Tages, daß
ihn sein Leiden heute besonders quäle.
Er habe nun einmal das „Wespennest"
im Haupte! Ich hielt das für eine Rede-
figur, wurde aber allen Ernstes belehrt,
daß sich unfigürliche und wirkliche Wespen
in dem Kopfe des schwäbischen Grafen
angefiedelt, so gut wie die Poltergeister
im Hause des gemüthlichen Iuft inus
Kern er frei ein« und ausgehen mochten.
Ich nahm die Aufklärung überdieWespen
schweigend hin, ohne mir einen Witz da»
rüber zu gestatten, da auch Lenau an
das Wespennest seines Freundes unbe-
denklich zu glauben schien." „Beiden
Männern", berichtet auch unser Ge»
währsmann, „wohnte eine besondere
Zartheit des Gemüthes inne. Ich erinnere
mich, daß sie, als ich in einem literarischen
Kreise mein Lustspiel: „DerVater" vorlas,
der munteren und leichten Arbeit zwar im
Ganzen den Beifall nicht versagten, allein
gewisse sittliche Bedenken außerien über
die Figur einer coquetten Putzmacherin,
welche von dem Herrn Papa den Auftrag
erhielt, seinen Neuling von Söhnchen
gewissermaßen zur Liebe vorzubereiten.
Wie würden die strengen Moralisten erst
in Schrecken gerathen sein über die der»
artigen Erzeugnisse unserer Tage, so des
NonsiGur Dumas Ms und eines Vic-
torien Sardou. Ein anderes meiner
Lustspiele, „Industrie und Herz", fand
mehr Gnade vor den Augen meines rigo»
rosen Freundes; er erbat sich sogar das
Manuscript, um es in einer ihm beson»
ders nahestehenden Familie vorzulesen."
Wir führen diese Züge an, weil sie den
Grafen und seine Feinfühligkeit treffend
charakterisiren. Er hatte frühzeitig- zu dichten angefangen und war zuerst mit
dem Pseudonym San^or v. S., der
Magyarisirung seines Taufnamens
Alexander, im Morgenblatt" aufge-
treten; später erschienen unter eigenem
Namen seine Beiträge in dem von
Schwab und Chamisso herausgege»
benen „DeutschenMusen-Almanacb" und
zuletzt die vier selbständigen Samm-
lungen: „Gedichte" (Stuttgart 1837); —
„New des AnrimZ" (ebd. 1839) — „Ge-
sammelte Gedichte" (ebd. 1841) und, ein .
Jahr vor seinem Tode anonym, die So-
nette „Gegen denStram" (ebd. 1843). Sein
nicht unbedeutendes poetisches Talent ist »
durch seinen Freund Lenau wesentlich
beeinflußt, und Oesterreich, in welchem er
durch die Wahl seiner Gattin, durch seinen
Freund und seinen häufigen Aufenthalt
in der Kaiserstadt, wo er ungemein be-
liebt war, sein zweites Vaterland ge>
funden, gab ihm herrliche Stoffe zu Dich-
tungen, wk es die „wilder vom Platten-
see", die „Stimmen aus dem Rohre",
die „Bilder aus den Alpen" und „Wald«
bilder", säinmtlich»Emdrücke österreichi»
scher und ungarischer Landschaften, und
der RomanzeN'Cyclus „Andreas Hofer"
beweisen. Die Reclam'sche Universal-
Bibliothek" hat in den Nummern 5481
bis 1483 „Sämmtliche Gedichte" des
Grafen herausgegeben, denen eine pietat-
volle biographische Skizze von Fr.
v. Schmidt vorausgeschickt ist. Wie
schon berichtet worden, war der Graf
verheiratet, und zwar seit 3. Juli 1832
mitHelenegebßrenenGräsinFestetics
de Tolna (geb. 1. Juli 1812), welcke
ihm zwei Söhne und zwei Töchter gebar,
die Söhne Graf Eberhard (geb.
23. Mai 1834) und Graf Wilhelm
Karl Alexander (geb. 29. März 1839. f)
und die Töchter Wilhelmine (geb.
24. Juli 1834) und Pauline <geb.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wolf-Wurmbrand, Volume 58
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Wolf-Wurmbrand
- Volume
- 58
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 380
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon