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V ina r i c ky , und auch ein deutscher
Poet fand — aber nur einer —
Gnade vor seinen Ohren, der sangbare
Dichter Eichendorf. So setzte denn
Zwonak eine lange Reihe von Ge>
dichten, wohl an die hundert, in Musik,
einstimmige, Duette, Terzette, Quar»
tette und Chöre. Letztere namentlich für
Männer- und gemischten Chor zeichnen
sich durchwegs durch edle Reinheit des
Styles und der Empfindung mehr als
durch Schwung aus und sind dann am
wirksamsten, wenn sie sich dem Volks»
leben anschmiegen, wie er denn besonders
Volkslieder und Gesänge aus alterer
Zeit mit besonderer Vorliebe studiere.
DaĂź aber seine Compositionen sich nicht
den Weg in die musicalische Welt ge-
bahnt, daran ist der Compositeur selbst
schuld, der, anfänglich nur Musiker, sich
nach und nach zum specifisch öechi«
schen Musiker umwandelnd, sich vorweg
selbst eine enge Grenze gezogen, indem
er fast ausschlieĂźlich oechische Texte, wie
wir oben dies ausführlich betonten, aus»
gewählt, die dadurch eben nur einem
kleinen Kreise zugänglich bleiben. Nicht
minder groß möchte die Zahl der von
ihm componirten — aber nur zum
kleinsten Theile gedruckten — Orgel-
Präludien und Fugen sein, die in der
Form vollendet, reich an schonen Ge«
danken sind. Ueberhaupt war dies das
Feld, auf dem er sich vorzugsweise be»
wegte, wie dies schon seine Stellung mit
sich brachte. Als Assistent des berĂĽhmten
Directors der Prager Orgelschule Karl
Pitsch >M. XXI I , S. 370) schloĂź er
sich,begreiflicher Weise bald enge an den
gediegenen Meister an, und wie ein
Musikfreund, der beide kannte, berichtet,
muß man beide Männer in ihrem Neben«
einanderwirken beobachtet haben, um
das Sonderbare und doch wieder Rüh- rende ihres Verhältnisses zu erfassen.
Pitsch, der erfahrene gewiegte Meister,
dessen Urtheile sich selbst Felix WendelS.
söhn willig unterzog, der sein von
langen weiĂźen Haaren umwalltes Haupt
energisch schĂĽttelte, wenn er irgendwo
einer Neuerung begegnete, dabei aber
jeder musicaltschen Schönheit, selbst bei
Meyerbeer und Wagner, redlich An-
erkennung zollte, der Sanguiniker, der
angesichts einer ^verbotenen Fortschrei»
tung" wĂĽthend um sich schlug, im
nächsten Augenblicke aber sich über seine
eigene Leidenschaftlichkeit ärgerte, dabei
voll MiĂźtrauen gegen Jedermann, aber
voll Achtung und Opferwilligkeit gegen
jedes Talent — ein Sonderling von der
edelsten Sorte. Und neben ihm der um
die Hälfte jüngere Zwo nar, eine unter«
setzte, fast knorrige Gestalt, jedes äußeren
Anzeichens bar, durch das sich sonst
Genialität gern bemerkbar macht, von
einer Ruhe, wie sie nur Denker haben,
zugeknöpft „bis ans Herz hinan", selten
von etwas Anderem, nie von sich selbst
redend, unscheinbar und jede Gelegenheit
sorgfältig vermeidend, wo er auffallen
konnte, wozu nach seinen Begriffen nicht
viel gehörte. So standen sich diese
beiden Männer zur Seite, und wer sie
nur stüchtig beobachtete, wähnte sie
einander fremd; es galt als Wunder,
wenn sie einige Worte wechselten, und
doch hing der alte Hitsch mit Achtung
und Liebe an seinem JĂĽnger, wie dieser
mit Verehrung und Pietät an feinern
Meister. Als Pitsch im Juni 1338
starb, ward Zwonar, den dieser Todes-
fall tief ergriff, Nachfolger im Amte,
jedoch schon nach zwei Jahren Director
der Sophienakademie und 1363 Regens»
chori in der Kirche zur h. Dreifaltigkeit.
Trotzdem er von einer äußersten Zurück»
gezogenheit und Verschlossenheit war,
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Zichy-Zyka, Volume 60
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Zichy-Zyka
- Volume
- 60
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 430
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon