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marsch a l l , geb. am 28. November
1823 zu Stare«miasto bei Sambor,
gest. am 16. Mai 1887 in Krakau).
Er entstammte einer ruthenischen
bürgerlichen Familie. Nach Beendung
seiner Gymnasialstudien in Sambor bezog
er die Universität Iemberg und gedachte
sich 1848 dem Lehrstande zu widmen.
Schon damals spielte er eine politisch
bedeutende Rolle, indem er in öemberg
gegen die Einberufung eines Stände»
tages energisch auftrat und sich unter
den Anhängern der Bildung eines
L a n d t a g e s hervorthat. Dessen»
ungeachtet erhielt er im Herbste 1848
eine Anstellung als Gymnasialsupplent
für Weltgeschichte zu Tarnöw, wurde
aber schon 1849 bei Einführung der
deutschen Unterrichtssprache entlassen
und mußte, da er alle Aussicht auf eine
Staatsanstellung verloren, an eine neue
Berufswahl denken. Er wendete sich der
Advocatur zu und zog nach Krakau, wo
er 1831 den juristischen Doctorgrad er«
langte und bei Advocaten arbeitete.
1833 konnte er eine eigene Kanzlei in
Krakau eröffnen. Die Advocatur hatte
dazumal in Galizien eine ganz außer»
ordentliche Bedeutung. Das Land und
namentlich der Landadel machte eine
Krisis durch; die Grundlasten waren
aufgehoben, viele Bescher konnten sich in
dem neuen System nicht zurechtfinden,
die neue Art der Bewirthschaftung zog
sinancielle Schwierigkeiten nach sich, die
oft ganz erfolglos bekämpft wurden.
Dazu kam im Gebiete der ehemaligen
Freistadt Krakau die Collision des frü-
heren, französischen Rechtes mit dem nun-
mehr geltenden österreichischen. I n solchen
Lagen hatte der Rechtsanwalt die Auf-
gäbe eines ökonomischen Arztes, eines
treuen Berathers, und dieser Aufgabe
war Zyblikiewicz in des Wortes bester Bedeutung gewachsen. Sein Gewissen
war empfindlich wie das eines ascetischen
Mönches, und wie ein alter Ritter wußte
er in den heikelsten Ehrenfragen immer
richtigen Bescheid. Neben dieser ökono«
mischen Aufgabe, durch deren getreue
Erfüllung die bedrohte Existenz zahl-
reicher Familien gerettet wurde, fiel dem
polnischen Advoultenstande in Galizien
auch eine politische zu. Die Advocaten
waren die einzigen Juristen, die sich
eine gewisse Unabhängigkeit zu wahren
wußten und sich hie und da in der Lage
befanden, für die Rechte des Polenthums
einzutreten. Zyblikiewicz nahm an
'Adam Potocki's Seite an dem wenn
auch sehr dürftigen politischen Leben
Theil; vialaoti und durch ein Auftreten,
das seine persönliche Sicherheit mehr als
einmal gefährdete, erkämpfte er das
Recht, vor Gericht polnisch sprechen zu
dürfen. Mit Consequenz, ohne sich durch
äußerste Schwierigkeiten aufhalten zu
lassen, war er namentlich damit beschäf-
tigt, jenen Beamten, die etwa ihre ger-
manisatorische Thätigkeit als Deckmantel
eigener Verderbtheit benutzten, das Hand'
werk zu legen. Als höchstenorts die
Worte: „Frei ist die Bahn" gesprochen
waren, da war er unter den aller»
ersten, die sofort die Situation begriffen,
sofort alle Recriminationen fallen ließen,
die herbe Vergangenheit vergeffeli und
nur der Zukunft leben wollten. Im
Jahre 1861 wurde er vom Krakauer
Großgrundbesitze in den Landtag ge«
wählt. Und hier war er ein Vorbild par«
lamentarischer Thätigkeit. Er folgte nie
dem Redetriebe, wie er jungen Vertretern
eigen ist, und sparte seine oratorifchen
Fähigkeiten für Falle auf, wo es galt
— wie im Wiener Reichsrath, itr den
ihn der Landtag entsandte — dem Lande
wirklich zu nützen. Berühmt war seine
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Zichy-Zyka, Volume 60
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Zichy-Zyka
- Volume
- 60
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 430
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon