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Gabriela Schmidt-Wyklicky, Ernst Fuchs
(1851-1930)236
werden könnte; ein Ambulatorium kann nur durch den Betreff enden selbst,
vermöge seines Rufes und mit Aufwand von viel Zeit und Th atkraft, allmälig
geschaff en werden, wozu eine Reihe von Jahren nöthig ist.
Die Anfrage des hohen Ministeriums bedarf nur insoferne der Beantwortung,
als es sich darum handelt, ob solche Vorlesungen als gleichwerthig angesehen
werden können mit dem regelmässigen klinischen Unterrichte, wie er an den
beiden Universitäts-Augenkliniken ertheilt und wie er vom Gesetze gefordert
wird. Diese Frage, welche ganz ohne Rücksicht auf die Person zu beantworten ist,
lautet also: Ist es möglich, dass auf Grund eines Ambulatoriums – ohne Klinik
– ein vollständiger klinischer Unterricht in der Augenheilkunde ertheilt werden
kann?
Diejenigen Abschnitte der Augenheilkunde, welche der Studirende unbedingt
nur durch die Anschauung, niemals aus einem Lehrbuche oder einem theoretischen
Vortrag sich aneignen kann, betreff en die Diagnostik und die Th erapie. Es soll
vorerst diese letztere der Betrachtung unterzogen werden.
Die Th erapie umfasst das ganze operative Gebiet der Augenheilkunde. Gerade
diejenigen Augenkrankheiten, welche am häufi gsten und schwersten den Menschen
mit Blindheit bedrohen, der graue Staar, das Glaucom, der Verschluss der Papille
und so viele Andere, sind nur durch Operation heilbar. Die Operationen bilden
die erfolgreichste Seite der Th ätigkeit der Augenkliniken sowie des praktischen
Augenarztes. – Alle wichtigeren Augenoperationen können nur an stationären
Patienten, oft nur im Krankenbette selbst ausgeführt werden; kein gewissenhafter
Augenarzt würde auch nur daran denken, dieselben an ambulanten Patienten
vorzunehmen. Die Studirenden, welche ihren klinischen Unterricht an einem
Ambulatorium erhalten, würden daher weder jemals eine solche Operation am
lebenden Menschen ausführen sehen, noch Gelegenheit haben, den Heilungsprocess,
die Nachbehandlung und das Endresultat durch eigene Beobachtung kennen zu
lernen. Gerade der wichtigste und erfolgreichste Th eil der ophthalmologischen
Th erapie würde in einem solchen Unterrichte nur durch theoretische Vorträge
vertreten sein. Das Diplom gibt dem jungen Arzte das Recht zur Ausführung
jedweder Operation. Was würde man nun dazu sagen, wenn ein solcher Arzt,
der den operativen Th eil der Augenheilkunde nur aus Vorträgen oder vielleicht
durch Übung am Cadaver kennt, sich daran wagen würde, solche Operationen an
seinen Patienten zu vollziehen, er, der sie selbst nie an einem Lebenden ausführen
sah. Nur wer selbst operirt, weiss, wie viel hunderterlei Dinge der Operateur
kennen muss, Dinge, die sich nicht bloss auf die Lagerung des Patienten, auf
die Anaesthesie, die Assistenz, die Antiseptik, den Verband u. s. w. beziehen. Von
Allem dem ist in den praktischen Operationscursen nicht einmal die Rede; diess
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Buch Ernst Fuchs (1851-1930) - und die Weltgeltung der Wiener Ophthalmologischen Schule um 1900"
Ernst Fuchs (1851-1930)
und die Weltgeltung der Wiener Ophthalmologischen Schule um 1900
Eine biografische Dokumentation mit Ergänzungen und Erläuterungen
- Titel
- Ernst Fuchs (1851-1930)
- Untertitel
- und die Weltgeltung der Wiener Ophthalmologischen Schule um 1900
- Autor
- Gabriela Schmidt-Wyklicky
- Verlag
- Österreichische Akademie der Wissenschaften
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-8602-1
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 696
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Biografi sches Selbstzeugnis 19
- Herkunft und Ausbildung 41
- Professor an der Universität Lüttich/Liège 1881-1885 129
- Die Gründung der II. Universitäts-Augenklinik in Wien 1883 und die Berufung von Ernst Fuchs 1885 175
- Klinikaufbau, Lehr-und Forschungstätigkeit als Ordinarius an der Wiener Medizinischen Fakultät 1885 bis 1915 219
- Das Lehrbuch von 1889. 18 Aufl agen in deutscher Sprache bis 1945. Übersetzungen und weltweite Verbreitung 263
- Die Beschreibung neuer anatomischer Strukturen und Krankheitsbilder durch Ernst Fuchs und ihre histologische Fundierung anhand seiner Präparatesammlung 295
- Die „Fuchs-Bibliothek“ 403
- Akademische Feiern, Würdigungen und Ehrungen zum 70. Geburtstag von Ernst Fuchs am 14. Juni 1921 415
- Ernst Fuchs als innovativer Ophthalmochirurg und Erfi nder neuer Instrumente 445
- Schwerpunkte seiner internationalen Lehrtätigkeit – Itinerarium academicum in Auswahl: USA, Japan, China 473
- Lebensausklang, Vermächtnis und Nachruhm 525
- Verzeichnis der gedruckten Arbeiten 541
- Helmut Wyklicky†: Ernst Fuchs und seine Zeit (bisher nicht publizierter Vortrag, Salzburg 1981) 565
- I Literaturverzeichnis 577
- II Chronologische Bibliografi e zu Ernst Fuchs 645
- III Verzeichnis der Abbildungen, Bildlegenden und Bildnachweis 653
- IV Personenregister 663