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Nikolaus II. Esterházy und die Kunst - Biografie eines manischen Sammlers
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RÜCKZUG IN DIE KUNST338 389 Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst, Jg. XIV (1823), Heft 116, S.  608–609, S.  608. 390 Vgl. ehem. EPA, Hauscassa 1824, VII./XI, Juli 1824, zit. in : Meller 1915, Quellenteil : Nr.  601 ; EPA, CD 1824/3664, 3666, 8. November 1824. 391 Vgl. EPA, CD 1824/1587, 17. Juni 1824. Vgl. Inventar-Rechnung 10, Bildergalerie Wien, 1824, Zuwachs, 22. Oktober 1824, in : EPA, Inventarrechnungen. 1820 gab es die ersten Umlagerungen von montierten fernöstlichen Porzellanen aus dem Eisenstädter Schloss nach Wien (vgl. EPA, Prot. 6127, 19. August 1820). 392 Schon kurz nach der Aufstellung wurden aller- dings einige Porzellane wieder in die fürstliche Wohnung im Majoratspalais abgegeben (vgl. EPA, Inventarrechungen, Nr.  73, 1824). 393 Vgl. Inventar-Rechnung 5, Mariahilfer Garten- gebäude 1824, fol. 4, Oktober 1824, in : EPA, Inventarrechnungen. 394 Reparatur : EPA, CD 1819/4149, 8. November 1819. 395 Vgl. Inventar-Rechnung 10, Bildergalerie Wien, 1824, Zuwachs, 13. Oktober 1824, in : EPA, Inventarrechnungen. 396 Vgl. EPA, CD 1833/382, 7. August 1833. 397 Vgl. EPA, CD 1824/3664, 3666, 8. November 1824. 398 Der Mineraloge und Händler Matthias Unter- holzer sortierte die Bestände in 26 gelb gestri- chenen, eisernen und grauen Mineralienkästen neu (vgl. Verzeichnis der in der hochfürstlich Esterházyschen Bibliothek u. Mineralien-Cabinet im rothen Hause befindlichen Meubeln, 2. März 1827, in : EPA, Inventare, Neues Inv. Nr.  29, altes Nr.  75). Es wurde zwischen vier Samm- lungsteilen differenziert : 1. große Minerali- ensammlung in zwölf Schränken (Metalle, Erd- und Steinarten, Salze, bekannte Minera- lien) ; 2. Sammlung der Madame Raab in zwei Schränken, die weiterhin in der Bildergalerie waren, über 300 Kristallmodelle aus Holz und Messing ; 3. Muschelsammlung in acht Schrän- ken (Muscheln und Korallen) ; 4. Seegewächs-, Seeigelsammlung in acht Schränken, wo auch Straußeneier und andere Naturalien waren, die aus Eszterház stammten (vgl. Inventar der fürst- lich Esterhazyschen Mineralien und Conchilien Sammlung, um 1827, in : EPA, Prot. 5912, 5910). Auch beim anschließenden Umbau des Mariahilfer Museums 1824 dilettierte der von allen Experten »verlassene« Fürst. Auf der einen Seite bewies er technische Fortschrittlichkeit, indem er eine Rumford’sche Heizung nach dem neuesten eng- lischen Patent installieren ließ. Auf der anderen Seite verunklärte er mit der Hän- gung der in Italien bei Agricola und Riepenhausen bestellten Werke im Stil der Nazarener seine Galerie. Recht unmotiviert ließ er sie in den letzten Raum der Gemäldegalerie hängen, dazu die zeitgenössischen Büsten von Papst Pius VII. und Kardinal Consalvi stellen389 und mischte so unter die bestehende hohe Qualität wenig überzeugende Zeitgenossen. Auch im Erdgeschoss des Galeriegebäudes wurde umgebaut und damit die einst so fortschrittliche Ordnung der Sammlung aufgelöst. Anstelle der Bibliothek und der Mineraliensammlung390 zog jetzt die Skulpturensammlung ein391, um in den dunklen und tiefen Räumen schlecht beleuchtet zu sein. Auch die 1824 im Neben- raum aufgestellte »Porcellaine-Sammlung« widersprach allen Ideen einer zeitge- mäßen oder plausiblen Sammlungsaufstellung. Die meist mit barocken Pariser Bronzemontierungen versehenen chinesischen und japanischen Porzellanvasen, -figu ren und -pagoden hatte Nikolaus 1810 auf seiner Reise nach Paris als kom- plette Sammlung erworben und über die Jahre eingelagert gelassen. Warum er sie jetzt und dann auch noch als Porzellankabinett in sein eigentlich so idealistisches Sammlungspalais eingliederte, bleibt eine unverständliche Entscheidung des Fürs- ten392, denn in einer Gemäldegalerie hatten sie nichts zu suchen. Es scheint wohl ganz privater Spleen gewesen zu sein, denn auch die großen Vasen und Kannen der Madame de Pompadour, die der ganze Stolz von Nikolaus’ Großvater waren, wur- den als private Erinnerungsstücke ins Porzellankabinett gebracht393. Es folgten weitere eigenwillige Maßnahmen des Fürsten, wie die Installation ei- nes großen englischen Spiegelteleskops auf dem Dach394 und eines Guckbildkinos mit einer Ansicht von Neapel, eines türkischen Kaffeehauses und eines ostindischen Bades395, das eigentümlich verloren und unpassend zwischen den wertvollen Bil- dern stand. Die Galerie wuchs nicht mehr, und Versuche von Bibliothekar Gaál, die Ordnung Fischers von 1814 wiederherzustellen, wies Fürst Nikolaus bis zu seinem Lebensende energisch zurück396. Die Bibliothek und Mineraliensammlung, die aus dem Mariahilfer Palais ausziehen mussten, gelangten ins Rote Haus397, wo sie von nun an ein unbeachtetes Dasein fristeten398. Die wertvolle und bedeutende fürstliche Galerie war im zehnten Jahr ihres Be- stehens so zu einer fragwürdigen und wenig kenntnisreichen, ja verunklärten Mi- schung geworden, der der halbherzige Versuch der Einbringung zeitgenössischer Kunst genauso wenig guttat wie die unmotivierte Aufnahme von asiatischen Por- zellanen oder die Umstellung der Marmorskulpturen in den dunklen Erdgeschoss- raum. Die wissenschaftlichen Sammlungen, essenzielles Merkmal der viel gelobten liberalen Sammlungsaufstellung seit 1814, waren an einen unbedeutenden Depot- standort verbannt worden. Das Mariahilfer Palais schien damit in seiner letzten Umbauphase 1824 eher eine eklektische Zusammenziehung von Lieblingsobjekten des Fürsten geworden zu sein. Das einst so fortschrittliche, aufsehenerregende Ma- riahilfer Museum hatte damit seine einstige Reinheit der idealistischen Konzeption verloren, wie auch der Fürst seinen Anschluss an die Zeit eingebüßt hatte. Der alternde Fürst Nikolaus II. hatte trotz seiner vielen Reisen und seines Rück- zugs aus der Gesellschaft in abgelegene Privatdomizile während und nach dem Wiener Kongress bewiesen, dass er mit seinen Beratern richtungsweisend, modern
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Nikolaus II. Esterházy und die Kunst Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Untertitel
Biografie eines manischen Sammlers
Autor
Stefan Körner
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 2.0
ISBN
978-3-205-78922-2
Abmessungen
23.0 x 28.0 cm
Seiten
404
Kategorie
Kunst und Kultur
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