Seite - 70 - in Erica Tietze-Conrat - Tagebücher, Band II: Mit den Mitteln der Disziplin (1937–1938)
Bild der Seite - 70 -
Text der Seite - 70 -
70
Tagebuch 1937/2
t[uts] die Verlassensch[aft] von Hof st[ede] d. Groots
allem Ausgezettel. Dazu kam Lugts Bibliothek u.
Samml[ung] d. Auktionskataloge. Jetzt wird alles
mit Hilfe von freiwilligen Helferinnen auf- u. inei-
nandergearbeitet. Wir haben alles betrachtet, Stich-
proben gemacht u. schließl[ich] mit Lugt seine
vene zia n[ischen] Zeichnungenmappen in Photo
durchgesehen, die uns einen Vorgeschmack gaben,
welche Art von Arbeit uns bei Sir Witt erwartet. Das
Wetter hielt sich leicht feucht bis heute ; für heute
sind Niederschläge vorausgesagt u. zu erwarten. Herr
Dr Burg fährt heute abends nach London, letzte
Hand an den neuen „Laden“ legen, den Burgs mit
Drey in St. James’ 32 einrichten. Er fährt erst im Juni
nach. Er ist ein wenig schlapp, zu kleiner Blutdruck,
sehr leicht müde
…5
Wir fahren jetzt gleich, nach d. Frühstück, nach
R’dam
…
Dort erst ins Museum, wo wir uns wieder in d. Kö-
nigs’
schen Z[eichnung]en stürzen. Diesmal Tintoretto
ohne Ende – fast ohne Ende, schließlich doch zu Ende ! Dann noch d. Nachtrag
der dem Greco zuschrieb[enen] Serie, auf die wir schon durch eine Kreuzannagelung
bei Lugt vorbereitet waren. Mitten drin kam Hannema uns holen, um mit ihm zu
lunchen. Er brachte uns im Taxi in sein Haus, das ein venezian[isch] geschulter Ar-
chitekt des vergangenen J[ahr]h[undert]s mit ganz unholländischer Weiträumigkeit
gebaut hat. Aus einem mehrteiligen venez[ianischen] Palazzofenster sah man auch auf
einen Canal Grande – Maas – hinaus, auf dem sehr unvenezianische Schiffe fuhren.
Gleich nach Tisch ein paar Schritte zum Haus van Beuningen, Besitzer verreist, gro-
ßes holländ[isches] Reinemachen, die Bilder dementsprechend zumeist von d. Wän-
den genommen u. in nächster Nähe besehbar. Viel sehr gutes, unter das wohl auch d.
Tizian „Knabe mit Hunden“ zu zählen. Der Breughelsche „Babelturm“ den Glück
unlängst publiziert hat, wirkte in d. Farbe nicht angenehm, der litt unter seinem Mi-
lieu – sonst sehr schön. Luc[as] v[an] Leyden (Susanne v[or] d[em] Richter, abge-
b[ildet] Friedländer), Gossart (Hermaphrodit), ein interessantes Törichte Jungfrauen
(Tintorettoschule) u. niederländ[isch]-venezian[ische] Anbetung d. Könige (dort Ve-
ronese genannt) von denen beiden wir d. Photos erbaten. So viele Bilder aus S[amm]-
l[un]g Auspitz, von dort auch kleine Bronzen u. dergl[eichen]. Dann wieder ins Mu-
seum, wo wir fortsetzten u. dann zum Schluß noch so viele neue Mappen vorgestellt
bekamen, daß wir doch einmal wiederkommen müssen. Auch haben wir d. Museum
noch gar nicht gesehen ! Hannema, der nach d. Haag wollte, nahm uns wieder mit d.
Abb. 17 : Erica Tietze-Conrats „Kunst in Holland“.
zurück zum
Buch Erica Tietze-Conrat - Tagebücher, Band II: Mit den Mitteln der Disziplin (1937–1938)"
Erica Tietze-Conrat
Tagebücher, Band II: Mit den Mitteln der Disziplin (1937–1938)
Entnommena aus FWF-E-Book-Library
- Titel
- Erica Tietze-Conrat
- Untertitel
- Tagebücher
- Band
- II: Mit den Mitteln der Disziplin (1937–1938)
- Herausgeber
- Alexandra Caruso
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79545-2
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 346
- Kategorie
- Biographien