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imWienerTheateramParkringund interveniert 1954gleicherweiseamVolksthe-
ater, dannjedochohneErfolg. DerGrund für die Selbstzensur 1952 versetzt seine
ZeitgenossInnen in Erstaunen: Sartre tritt imDezember des Jahres bei demunter
Protektion der Sowjetarmee abgehaltenenWiener „Völkerkongress für den Frie-
den“auf, ein für ihnhistorischesEreignis,dasnachaußenhindenAnfangseiner
vierjährigen Phase als compagnon de route der Kommunistischen Partei Frank-
reichsmarkiert.DiesesichinWienöffentlichmanifestierendeWandlung,zueinem
Zeitpunkt,alsdiemeistenderursprünglichprokommunistischeneuropäischen In-
tellektuellen sich inAnbetracht der Straflager-Enthüllungen vonder Sowjetunion
distanzieren, sorgt für eine Umkehrung der eingespielten Rezeptionsmuster: Die
ehedeman ihm interessierte,westlich orientierte Presse reagiertmit Boykott und
BefremdenaufdenpolitischenSartre,währendsichdieKPÖ-nahenPeriodika,die
zuvordieexistentialistischeFreiheitsphilosophiealsabstrakt-idealistischundigno-
rant gegenüber der sozialen Situiertheit des Individuumsheftig attackiert hatten,
nun begeistert geben. Sartres zweiterWien-Aufenthalt räumt letzte Unklarheiten
überseinePositionierung imkulturellenKaltenKrieg indenAugenderAllgemein-
heit ausundbesiegelt die Erstrezeption.16 Zwarwird seineNähe zurKommunisti-
schenParteimit demsowjetischenEinmarsch inUngarn 1956 enden, dochbleibt
sie für die Aufnahme seinerWerke im antikommunistisch geprägten Literaturbe-
triebderZweitenRepublik langebestimmend.
Die indieserUntersuchungvorgenommenePeriodisierungderErstaufnahme
umfasst dieHochphase des Transfergeschehens (1947–1952) sowie die Jahre des
Ansteigens (1945/46)unddesAbflachens (1953/54), fällt folglichganz indieZeit
der alliierten Besatzung (1945–1955) Österreichs, durch die, begrenzt von der
Zäsur desWeltkriegsendesundderUnabhängigkeitÖsterreichs 1955, relativ ein-
heitliche Rahmenbedingungen gegeben sind. Für die österreichischen AutorIn-
nen,die indieser Zeit literarisch sozialisiertwerdenunddemExistentialismus in
ihrer Jugendbegegnen(ingeringemMaßauchspäternochinVerbindungmitder
68er-Bewegung),wirddasZeitfensterweitergeöffnet.Der literarischeNachhall in
16 SartresWien-Interventionen stellen einen entscheidendenRezeptionsschritt für denöster-
reichischenUmgangmitdemAutordar,weshalbhierdasEndeder 1945beginnendenErstauf-
nahme auf das Jahr 1955 datiert wird, imUnterschied zuWestdeutschland, für dasMechtild
Rahner die Aufnahme auf die Jahre 1945 bis 1949 begrenzt. Cf. Mechthild Rahner: „Tout est
neuf ici, toutestà recommencer…“.DieRezeptiondes französischenExistentialismus imkul-
turellenFeldWestdeutschlands. (Epistemata,Philosophie142.)Würzburg1993,S.305.
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Existentialismus in Österreich
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Titel
- Existentialismus in Österreich
- Untertitel
- Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Autor
- Juliane Werner
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-068306-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 378
- Kategorie
- Kunst und Kultur