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4 FranzösischeKulturpolitikunderste
Existentialismus-Begegnungen
BedenkenSiedochdieZeit, inderwir leben.DasGeld istknappundder Idealismusnoch
knapper.
AlbertParisGütersloh,„Redevom15.12.1951zurEröffnungderneuenArtClub-Galerie
im ‚Strohkoffer‘“.
Der österreichische Staatsvertrag, der 1955 zehn Jahre alliierte Besatzungszeit
beschließt,markiert zugleichdasEndederSonderrolleFrankreichs inderöster-
reichischenKulturgeschichte,dasEndeeinerbesonders intensiven,wennnicht
privilegiertenVerbindung („la finde ces relations sinonprivilégiées, dumoins
particulièrement intenses“); dieBeziehungenzwischendenLändern fallen laut
JosephRovannunnormal aus, distanziert und eher unbedeutend („distante et
quelquepeumarginale“1).Diebis insMittelalter zurückreichendenaustro-fran-
zösischen Kulturkontakte weisen seit Mitte des 18. Jahrhunderts – das heißt:
seit ein institutionell vermittelter Transfer substantiellen Ausmaßes zwischen
dennationalenRäumenzuverzeichnen ist–eineunilateraleTendenzauf:Von
Frankreich,„dempolitischenExperimentierlaborderneuereneuropäischenGe-
schichte“2, geht auch inkulturellerHinsicht eine Innovativität aus, die konser-
vativeren Ländern Inspirationen liefert, zumal durch die von „einem tiefen
Sendungsbewusstsein“3 geprägte französische Kulturaußenpolitik. Nach der
Französischen Aufklärung zu theresianischen und josephinischen Zeiten, den
napoleonischenBelagerungen1805/1809undderWienerModerneum1900fol-
gen als Phase nennenswerter kultureller Übernahmen aus derRépublique des
LettresdieandenZweitenWeltkrieganschließendenBesatzungsjahre.
Dass dieWiener imwörtlichenwie imübertragenenSinne geneigt seien, die
SprachederSiegerInnenzusprechen(„toujoursenclinsàparler la langueduvain-
queur“4),wieFélixKreisslerdie sprachlichenAuswirkungenderPräsenznapoleo-
nischer Truppen in der Hauptstadt 1805 kommentiert, lässt sich nach 1918 und
1945allerdingsnurbedingtbeobachten.AufdieGefahrhin,ResteeinernettenLe-
gende („légendebiensympathique“) zu zerstören, erklärtRobert Juliendie innige
1 JosephRovan:Réflexionssur lesrelationsfranco-autrichiennesdepuis leTraitéd’Étatde1955. In:
Austriaca 11, Juni 1986 (Spécial Colloque: Relations Franco-Autrichiennes 1870–1970), S. 233–240,
hierS.233.
2 Hans-UlrichWehler:DeutscheGesellschaftsgeschichte,Bd. 2:VonderReformärabis zur indus-
triellenundpolitischen„DeutschenDoppelrevolution“1815–1848/49.München42005,S.345.
3 Porpaczy:Die französischeBesatzungunddieösterreichischeNachkriegsidentität,S.92.
4 FélixKreissler:LeFrançaisdans le théâtreviennoisduXIXesiècle.Paris 1973,S. 17f.
OpenAccess.©2021 JulianeWerner,publiziert vonWalterdeGruyter. DiesesWerk ist
lizensiertuntereinerCreativeCommonsNamensnennung4.0 InternationalLizenz.
https://doi.org/10.1515/9783110683066-004
Existentialismus in Österreich
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Titel
- Existentialismus in Österreich
- Untertitel
- Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Autor
- Juliane Werner
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-068306-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 378
- Kategorie
- Kunst und Kultur