Seite - 74 - in Existentialismus in Österreich - Kultureller Transfer und literarische Resonanz
Bild der Seite - 74 -
Text der Seite - 74 -
FontaineunddeBoileau“,„Anfängeder romantischenPoesie“und„Poesie inZei-
ten des Symbolismus“). Eugène Susini sieht sich über seine Tätigkeit am Institut
Français hinausauchakademisch imDienste der französisch-österreichischenBe-
ziehungenundhältVorträge zu französischenLyrikerInnenundden frankophi-
lenDichternStefanGeorgeundRainerMariaRilke fürdasallgemeinePublikum.
Dem Fachbereich Romanistik vermittelt man französische GastprofessorInnen,
derenVeranstaltungen–unteranderemzuJeanGiraudouxundzumDadaismus–
einenhöherenAktualitätsgradaufweisen.Davonabgesehenbestätigtdasuniversi-
täreAngebotnichtnurdie starkeKultur-Präferenzder französischenAlliierten im
Vergleich zudenanderenBesatzungsmächten, sondernauch,dass ihreWahlwie
bei den sonstigen Literaturvermittlungspraktiken auf kanonisierte Literatur fällt
undmit derGenerationder schon inder Zwischenkriegszeit aktivenDichterInnen
wieClaudelundBernanosendet.DiesausgutemGrund:
[W]asdieLiteraturbetrifft,wäre esunvorsichtig, sofort die zeitgenössischenStrömungen
anzugehen (die wenigen Österreicher, die Sartre gelesen haben, sind verschreckt oder
schockiert). Manmuß sich nur daran erinnern, daß Péguy, Claudel, Gide, Romain Rol-
land, Proust […] nur für gebildeteÖsterreicher einBegriff sindunddemGroßteil des Pu-
blikums,auchdemliterarischversierten,nochunbekanntsind.58
ÄhnlicheBedenkenüberwiegen, alsMauriceBesset, liberaler Leiter des Tiroler
Institut Français, ein Stück Sartres von SchülerInnen des 1945 gegründeten
Lycée Français in Fulpmes zur Aufführung in Innsbruck bringenwill, die Ent-
scheidungsträgerInnendannaberdoch lieberMolièresLeBourgeoisgentilhomme
wählen; ein vielsagendesDetail („détail révélateur“59), soder seinerzeitigeAtta-
chéculturel inInnsbruck,AndréMalavoy.HatKulturtransfer imHinblickaufdas
Bestehende „entweder eine Legitimations- oder aber eine Subversionsfunk-
tion“60, intendierendie französischenAlliiertenklarErsteres.UmdieAufnahme
französischer Kultur zu erleichtern, treffen sie „Maßnahmen, das Transfergut
dem österreichischen Geschmack anzupassen und möglichst unprovokant zu
halten“, was bedeutet, Aktuelles zu umgehen. Um das durchaus vorhandene
„Bedürfnis nach Horizonterweiterung, Diskussionsmöglichkeiten, künstlerischer
Stimulation, nachBegegnungenmitVertreternandererKulturenundnacheinem
echtenAustauschohnePropagandaabsicht“dennoch zu stillen,werdenüberwie-
58 Projet d’organisationde l’Institut desHautesÉtudes enAutriche, 29.01.1946,MAE/RC [Mi-
nistère des Affaires Etrangères, Archives Diplomatiques, Paris / Série Relations culturelles
1945–1959],47/0.87.3.Zit.n.Porpaczy:Frankreich–Österreich,S.73.
59 AndréMalavoy. In: Éric Dussault: La Dénazification de l’Autriche par la France. La poli-
tiqueculturellede laFrancedanssazoned’occupation1945–1955.Québec2005,S. 112.
60 Jurt:DaswissenschaftlicheParadigmadesKulturtransfers,S. 24.
74 4 FranzösischeKulturpolitikundersteExistentialismus-Begegnungen
Existentialismus in Österreich
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Titel
- Existentialismus in Österreich
- Untertitel
- Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Autor
- Juliane Werner
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-068306-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 378
- Kategorie
- Kunst und Kultur