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älterewie André Breton, Jacques Prévert und die Künstler Alberto Giacometti,
GeorgesBraqueundPabloPicasso) habenviele derBesucherInnendesWiener
„Strohkoffer“ (wie Friederike Mayröcker, Paul Blaha, Ernst Jandl, Konrad
Bayer,HelmutQualtinger,AndreasOkopenko,H.C.Artmann,HannsWeissen-
born,GerhardFritsch,OswaldWiener,derFilmemacherFerryRadax,derMusi-
ker Friedrich Gulda, die MalerInnen und BildhauerInnen Maria Biljan-Bilger,
MariaLassnig,RudolfHausner, FriedensreichHundertwasser, Ernst Fuchsund
Arik Brauer) wenig mit dem existentialistischen Denken zu tun. Bei einigen,
hervorzuheben sind Radax,59 Okopenko und Blaha, findet eine tiefergehende
AuseinandersetzungmitSartresWerkenstatt.Als selbsternannterExistentialist
undnoch inden 1990er Jahrenexistentialistischer Schriftsteller60 kommentiert
PaulBlahaden„Strohkoffer“wie folgt:
Da sindwir zuBeginnmeinerWien-Zeit jedenAbendgesessen, von sechs bis sechs. Ge-
schlafenhabenwirdamalswenig.DerH.C.ArtmannwargenausodortwiederGulda,der
Weigel, der Torberg und der Qualtinger. Die Diskussionen über Kunst, Kultur, Literatur
unddasTheaterwarenendlos.Daswar einewichtige Zeit. Nicht nur fürmich. ImStroh-
kofferwar damals dieseNachkriegeskulturriege,wiemanheute sagt. Daswar auch eine
wichtigeZeit fürdieKulturszeneWiens.61
Blaha, Redakteur beimBild-Telegraf, Theaterkritiker beimKurierundvon 1979
bis 1987Direktordes fürdieExistentialismus-Rezeption inÖsterreichwichtigen
Volkstheaters (cf. Kap. 8), gehört zudenwenigen, die einenpersönlichenEin-
druckvonSartreeinfangenundwiedergeben:
Erwar imponierend, ruhig, still unddurchdringend.Erhatte immeretwasForderndes, auch
wennereinenangesehenhatdurchdiesedickenBrillen.Manhat immerdasGefühlgehabt,
59 Ferry Radax’ diesbezügliche Auskünfte, etwa in einem Interviewmit Josef Schweikhardt
(Mit nichts als Fantasie erschufenwir unsereWelt aus demNichts, S. 53), bleiben eher kryp-
tisch: „Jean-Paul Sartre und Albert Camus ließen mich mein Schicksal wie vom Räderwerk
einer gigantischen Bahnstation gelenkt erscheinen.“http://www.ferryradax.at/film/film.htm
(einges.09.01.2019).
60 Erkennbaretwa inseinemRomanSchöneFreieWelt (München1991,S.44), indemesüber
dieHauptfigur heißt: „Nebenbei begannMoran allmählich, sich in dieserWelt, die nicht die
seinewarunddiezubegreifen ihmschwermöglichwar,einigermaßenzurechtzufinden.Seine
undurchschaubare Vergangenheit versetzte ihn nicht mehr so leicht in Panik, und selbst
dann,wenner,waswiederholtgeschah,dieUnfaßbarkeit,dieAbsurdität seinerExistenzemp-
fand,verlordieszunehmendseinenSchrecken.“
61 PaulBlaha: Interviewvom27.09.1995. In:EdithPospichal: PaulBlaha– Journalist–Literat–
Kulturpolitiker.EinbiographischerBeitragzumjournalistischen,kulturellenundkulturpolitischen
SchaffeneinesGesellschaftskritikers.Wien:UniversitätWien,Dipl.-Arb.1999,S.169.
108 5 DerExistentialismusalsSubkultur
Existentialismus in Österreich
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Titel
- Existentialismus in Österreich
- Untertitel
- Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Autor
- Juliane Werner
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-068306-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 378
- Kategorie
- Kunst und Kultur