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durchdieharmlose(re)nRepräsentantenderVorkriegsliteratur, die, soKriegle-
der, ein Interesse daran hatten, „ihre ehemaligen Positionen im literarischen
Feld zu reaktivieren“75, erfolgt parallel zumsukzessivenRückzugderAlliierten
aus demLiteraturbetrieb eine „partielleWiederaufnahmeundFortführungder
Kulturpolitik des Ständestaates“76. Mit der Rekonstruktion jener Kultur, „die
nicht unbeträchtlich Anteil an den Siegen der beiden Faschismen gehabt
hatte“77, treten viele vorübergehend aus dem literarischen Verkehr Gezogene
wieder in Erscheinung: Von der 1946 vom Bundesministerium für Unterricht
ausgegebenen Liste der gesperrten Autoren undBüchermit circa 1600 verbote-
nen AutorInnen (darunter Gertrud Fussenegger, Friedrich Schreyvogl, Josef
Weinheber,BrunoBrehmundMariaGrengg)konnteneinige„fastbruchlos“an
ihre Erfolge anknüpfen, so dass sich in diesem Zusammenhang von einer ge-
scheitertenEntnazifizierung,wennnichteiner„Renazifizierung“78derLiteratur
sprechen lässt.Die sogenannteOstmark-Literaturbildet inden fünfziger Jahren
die Basis „der meisten approbierten Lesebücher, Anthologien und Sammel-
bände“79. Der für die französischenAlliierten tätigeHermann Schreiber, Sohn
eines Buchhändlers, weist diesenUmstand 1947 imÖsterreichischen Tagebuch
als strukturell getragen aus, durch höhere Papierzuteilungen für Verlage von
‚Ostmark‘-SchriftstellerInnen oder die direkte „Förderung von Naziautoren“80
durch prestigeträchtige Literaturpreise, die zu dieser Zeit vornehmlich an jene
vergeben würden, „die entweder bereits unter dem Austrofaschismus oder
unter demNationalsozialismusoderunter beidenSystemengefördert undaus-
gezeichnetwordenwaren.“81
„‚StundeNull‘und ‚Achtundsechzig‘ alsGründungsmythender deutschenNachkriegsdemok-
ratie“ (S. 125–140)vonWolfgangBergem.
75 Kriegleder:DieLiteraturder fünfziger Jahre inÖsterreich,S.37.
76 Klaus Amann: Vorgeschichten. Kontinuitäten in der österreichischen Literatur von den
dreißiger zu den fünfziger Jahren. In: Aspetsberger, Frei und Lengauer (Hg.): Literatur der
Nachkriegszeit,S.46–58,hierS.47.
77 Dvořak:ThesenzursoziokulturellenEntwicklung inÖsterreich1933bis 1955,S.31.
78 Bachleitner,EyblundFischer:GeschichtedesBuchhandels inÖsterreich,S. 328.Cf. dazu in
Meissls,Mulleys undRathkolbsBandVerdrängte Schuld, verfehlte SühnedieAufsätze vonGer-
hardRenner: „Entnazifizierungder Literatur“ (S. 203–229), undvonMurrayG.Hall: „Entnazifi-
zierung in Buchhandel und Verlagen“ (S. 230–253). Cf. weiters Białek und Żyliński (Hg.): Die
Quarantäne. Deutsche und österreichische Literatur der fünfziger Jahre zwischen Kontinuität
undNeubeginn.Wrocław,Dresden22006.
79 McVeigh: Kontinuität und Vergangenheitsbewältigung in der österreichischen Literatur
nach1945,S. 78.
80 HermannSchreiber:DasBuch.Papierpolitik. In:ÖsterreichischesTagebuch,19.09.1947.
81 Amann:Vorgeschichten, S. 47. Cf. auchSigurdPaul Scheichl:Vergessene. TrägerdesGro-
ßen Österreichischen Staatspreises in den 50er Jahren. In: Walter Buchebner Gesellschaft
6.2 Kontinuitätals/stattNeuanfang 161
Existentialismus in Österreich
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Titel
- Existentialismus in Österreich
- Untertitel
- Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Autor
- Juliane Werner
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-068306-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 378
- Kategorie
- Kunst und Kultur