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chert auf Keller- und Zimmerbühnen brachten und so „die Ehre des österreichi-
schenTheaters“5 retteten.Bis indie frühensechziger Jahregehenfastalleprogres-
siven Impulse von den Kleinbühnen aus; die „waghalsigen ‚Theater der 49‘“,
ausgestattetmit49Sitzplätzen,weilKonzessionenerst ab50Sitzenanfallen,offe-
rierenlautEisenreichimmer„dasInteressanteste“6.AnsonstenseidaseinzigeThe-
aterWiens, in dasman gehen könne, ohne enttäuscht zuwerden, das sich aus
mehreren dieser ‚Neunundvierziger-Bühnen‘ entwickelnde Theater am Parkring:
„VorallemderSpielplan ist geradezuunwienerisch,nämlichaktuell, künstlerisch
anspruchsvoll undweltoffen.“7 Das Theater amParkring zählt zudemzuden
Theatern, die sich am intensivsten um Sartre bemühen, während sich etwa
das Burgtheater bis 1965 (Die Fliegen, Premiere: 15.02.1965, Regie: Rudolf Sellner),
dem Jahr nach der Zuerkennung des (nicht angenommenen) Nobelpreises, den
Autor zu spielen weigert. Zwar hat schon vor der Direktion Ernst Haeussermans
(1959–1968)Burgdirektor JosefGielen (1948–1954)„umdiezeitgenössische französi-
scheDramatik–undinsbesondereumdasWerkJean-PaulSartres“gekämpft,schei-
tert aber anderbekannten „sowohlbeiKatholiken, als auchbei ‚extremenLinken‘
zubeobachtendenAbneigunggegenüberdem ‚Existentialismus‘“8.Befindlichkeiten,
aufdiekeineRücksichtgenommenwerdensollte,meint inderArbeiter-Zeitung1950
HansHeinzHahnl:„DieDirektorendergroßenWienerGeschäftstheater trauensich
nicht andie existentialistischenZeitstücke von JeanPaul Sartreheran. ZuUnrecht.
Sartre istspannendineinemdoppeltenSinn:szenischundintellektuell.“9
Einschätzungen zur Präsenz Sartres auf österreichischenBühnen variieren je
nach Perspektive: Ab Ende der vierziger Jahre wagt man sich Porpaczy zufolge
5Weigel: Brief ausWien: Zentrum amRande, S. 180. Cf. auchWolfgang Greisenegger: Das
Theaterlebennach 1945. In: Aspetsberger, Frei undLengauer (Hg.): Literatur derNachkriegs-
zeit,S. 223–240.
6 Eisenreich:Prominentevonuntengesehen. In:DieZeit, 26.02.1953.
7 Eisenreich: Prominente vonunten gesehen. In: Die Zeit, 26.02.1953. Der Gründer des Thea-
ters am Parkring, Helmut Schwarz, weist sich als vom Existentialismus geprägt aus, nennt
seinDramaSeine letzteBerufung (1952), das im Juni 1955 imWienerTheaterDieTribüne (Uni-
versitätsring 4) uraufgeführt wird, „ein Richterstück nach Sartre-Vorbild“ (Kerschbaumer:
WienerFestwochenzwischenRestaurationundWeltgeltungsanspruch,S.314)undbejahtkon-
sequent die Frage, ob „das heutige Theater die Aufgabe [hat], Zeit undWelt zu reflektieren“.
HelmutSchwarz:AuftragGerechtigkeit.Wien1971,S.5.
8 HildeHaider-Pregler:„DasBurgtheater ist eine Idee…“.Die Jahre 1945bis 1955–eineZwi-
schenzeit des österreichischen Staatstheaters? In: Haider-Pregler undRoessler (Hg.): Zeit der
Befreiung, S. 84–122,hier S. 100f.Mit derDostojewski-DramatisierungDieBesessenen (Premi-
ere:07.12.1959,Regie:LeopoldLindtberg)wirdCamusschoneinige JahrevorhereineBurgthe-
ater-Produktion(imAkademietheater) zuteil.
9 h.h.h.:Sartre imTheaterderCourage. In:Arbeiter-Zeitung, 17.01.1950.
266 8 SartreundderkulturelleKalteKrieg
Existentialismus in Österreich
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Titel
- Existentialismus in Österreich
- Untertitel
- Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Autor
- Juliane Werner
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-068306-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 378
- Kategorie
- Kunst und Kultur