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Estelle: In drei Tagen. (Abwesend:) Meine Eltern bereiten eben alles für die Privatklinik
vor.VaterhatGeldvonderBankgeholt. Ebenzählt er es.MeineMutter scheinteinwenig
Angstzuhaben.
Gustave:DasDatummeinerGeburt istnochungewiß. Ichsehe lediglichmeinezukünftige
Mutter. Sie hatmichnochnicht einmal bedacht. Ichbindurch einenverwaltungstechni-
schenIrrtumhier.
Jean Paul: Suchen Sie IhreMuttermit allenMitteln zu überreden, daß sie sich Sie noch
einmal überlegt, Monsieur. Aber was hilft es? Die Menschen haben nun einmal ihre
Freudedaran. (NacheinerPause,abwesend:) Ichwerde ingenauneunMonatenzurWelt
kommen. InganzgenauneunMonaten.
Estelle:WassehenSie,Monsieur?
JeanPaul: Sprechenwir nichtdavon!– Immerhin,meineVäter könnensich sehen lassen.
WartenSiemal, siehabendieBrieftaschendraußen in ihrenÜberröckengelassen.Sokann
ichmirwenigstens ihreVisitenkartenansehen.Der erste ist offenbar einDäne.WartenSie
mal, jetztkannich’s lesen.Kierke-gaard.
Estelle:Undderandere?
Jean Paul: EinenAugenblick. (Enttäuscht) Ah, unBoche. Heid– einenAugenblick, Hei-
degger.WarumlachenSie,Mademoiselle?
Estelle:EntschuldigenSie. (Lacht:)Weil IhreFrauMamaIhnengleichzweiVätergibt.
JeanPaul:Drei.DahatnochsoeinTänzerdazwischengefunkt.
Gustave:Wieheißter?
JeanPaul:Nihilijinski.
Estelle:WasgedenkenSiezuwerden,Monsieur?
JeanPaul:Gymnasialprofessor.
Gustave:Undsonstnichts?
JeanPaul:Undsonstnichts.MancheGymnasialprofessorenhabenesmitder klassischen
Philologie.WarumsollteeseinernichtebensogutmitdemNihilijinskismushaben?
Gustave:Psychoanalaußerordentlich interessant.
Estelle:Was ichwerdensoll,kannichnochnichtsehen.
JeanPaul: Einfach. Siewerden selbstverständlich eineDirne, die anSäuferwahnsinn zu-
grundegeht,dernatürlichdurch IhrechronischenKrampfadernetwasbeschleunigtwird.
Deshalbwird jaauchIhreGeliebteausVerzweiflungSelbstmordbegehen.
Estelle:MeineGeliebte?
JeanPaul:Warumnicht?Natürlichnur, soweit Sie sichnicht der Sodomiehingeben.Mit
einemDackel.
Gustave:Psychoanal istdasganzaußerordentlich–
Estelle: Gibt es denn hier kein Riechsalz? Man vergeht vor diesem – Nachbar, euer
Fläschchen!
JeanPaul (unerbittlich):AußerdemwerdenSiePlattfüßehaben!
Estelle (wirdohnmächtig):Ahh.
JeanPaul: IchmöchtemeineMuttervergewaltigen!!
Gustave (schwach):Plüschoanal istdasgeradezuexistentionell.
Estelle (erwachend):Monsieur, IhreWindeln!WashabenSiedagemacht?
JeanPaul:Tutnichts,machenwirweiter!31
31 Neumann:TheatralischesPanoptikum4,S.544–546(Hervorhebung imOriginal).
8.1 DieBühneals Ideen-Umschlagplatz 271
Existentialismus in Österreich
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Titel
- Existentialismus in Österreich
- Untertitel
- Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Autor
- Juliane Werner
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-068306-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 378
- Kategorie
- Kunst und Kultur