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undsetztenunterBrucheinesgeschlossenenVertragesdasStückab. So siegte imameri-
kanischen SektorWiens der kommunistischeDruck über sozialistische Funktionäre und
einantikommunistischesStück.134
Wasgeschehenwar, ist fürdieArbeiter-Zeitung, das auflagenstarke „Zentralor-
ganderSozialistischenParteiÖsterreichs“,weitwenigerklar:
Gerüchte tauchtenauf;deroder jenerSchauspielerhabeeineWarnungerhalten:wenner
in diesemStückmitspiele… erwerde schon sehen… inDeutschland sei auch…die Ru-
ssenwürden…Kurzundschlecht: auf allerleiUmwegen,direktund indirekt, habensich
die meisten Schauspieler des Volkstheaters geweigert, bei dieser Aufführungmitzuwir-
ken.Soweit ist es inWienmitderkulturellenFreiheitgekommen!135
Die von derArbeiter-Zeitung geäußerten Verdächtigungen und ihr Auffordern
desEnsembles,Zivilcouragezuzeigen,empfindetdiemarxistischausgerichtete
Zeitschrift Tagebuch als „Kommunistenhetze“136. Im kulturpolitischen „Kreuz-
feuer“,wieMichael KrausdiePresse-Interaktionen indieser Causabezeichnet,
steht der Arbeiter-Zeitung – unter Chefredakteur Oscar Pollak zunehmend
„SpeerspitzedesösterreichischenAntikommunismus“137–auchdie vonder so-
wjetischen Besatzungsmacht dirigierte Österreichische Zeitung entgegen, die
vonErpressung spricht, allerdings inderGewissheit, dassdas Stückbeim fort-
schrittlichen Publikum ohnehin „keinerlei Aussicht auf Erfolg“138 habe. Die
Erstaufführungvon SchmutzigeHände (Regie: LudwigAndersen) findet imNo-
vember 1951 in den Grazer Kammerspielen in der britisch verwalteten Steier-
mark statt,wo sich laut derÖsterreichischenZeitung „ein devoter Theaterleiter
fand, der bereit war, sein Institut mit diesem Gesudel in Mißkredit zu brin-
gen“139.Wennauch als eine jenerAusnahmen imSchauspielangebot, die „die
134Weigel: Brief ausWien, S. 181. Da nach 1950 beispielsweise ein Auftritt bei der „Russi-
schenStunde“derRAVAG (der 1924 gegründetenundnachEndedes ZweitenWeltkriegs von
prosowjetischenKräften geführten Rundfunkgesellschaft) bedeutete, nichtmehr beim ameri-
kanischenSenderRot-Weiß-Rotbeschäftigtzuwerden,habendieSchauspielerInnendurchaus
Gründe, Vorsicht walten zu lassen. ‚Schwarze Listen‘ stigmatisieren selbst solche, deren
Namen sich inGlückwunschtelegrammen in prokommunistischenPeriodika finden. Cf. Rath-
kolb:DieEntwicklungderUS-Besatzungskulturpolitik,S.40f.AufderanderenSeitekriminali-
sieren kommunistische Redaktionsmitglieder die SchauspielerInnen in Sartres Stücken als
„Helfershelfer“ eines verbrecherischenDramatikers. E. K.: EineVerzerrungdesMenschen. In:
ÖsterreichischeZeitung, 15.11.1947.
135 O.P.:„SchmutzigeHände“undfeigeHerzen. In:Arbeiter-Zeitung, 15.12.1950.
136 KarlParyla:Feigundfrech. In:Tagebuch,23.12.1950.
137 Kraus:Kultura,S. 154.
138 o.V.:EinAnwaltder„SchmutzigenHände“. In:ÖsterreichischeZeitung, 16.12.1950.
139 o.V.:EinTheaterskandal. In:ÖsterreichischeZeitung,30.11.1951.
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Existentialismus in Österreich
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Titel
- Existentialismus in Österreich
- Untertitel
- Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Autor
- Juliane Werner
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-068306-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 378
- Kategorie
- Kunst und Kultur