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Zur Vorgeschichte des Augsburger Reichstages 31
gischen Brüdern, die zum Teil auf ihrer unterschiedlichen Einstellung zum
Passauer Vertrag beruhten. Darum müssen wir kurz auf dessen Genesis zu-
rückgreifen.
Im ursprünglichen Angebot dieses Reichstages hatte bei Kaiser Karl das Mo-
tiv dominiert, auf diese Weise die religionspolitischen Vorwürfe – der evangeli-
sche Glaube sei infolge der Durchführung des Augsburger Interims unter-
drückt, und das Trienter Konzil habe die protestantischen Anliegen mißachtet –,
die er ohnehin für unberechtigt hielt, aus den Verhandlungen über den Waf-
fenstillstand auszuklammern. In seiner Stellungnahme zu den von der Fürsten-
opposition gegen ihn erhobenen Anklagen, die er im März 1552 Ferdinand als
Richtlinien für dessen Gespräche mit der Gegenseite übermittelte, empfahl er,
weil er trotz seiner bedrängten Lage einerseits nicht bereit war, den Frieden auf
Kosten seines Gewissens durch „gegen Gott“ bzw. gegen die katholische Reli-
gion gerichtete Zugeständnisse zu erkaufen, andererseits aber ein Scheitern der
Gespräche wegen dieser Religionsprobleme auch nicht wünschte, sie dorthin zu
verschieben, wo man mit allen Ständen darüber reden könne, also auf eine
Reichsversammlung7.
Dieser Anweisung entsprachen die Ausführungen in der sog. Linzer Resolu-
tion, der von Ferdinand entworfenen und von Karl gebilligten Antwort des
Römischen Königs an den sächsischen Kurfürsten Moritz (übergeben am
28.4.1552), zu dessen Beschwerdeartikeln8: Der Kaiser habe in Religionsangele-
genheiten niemandem je etwas anderes auferlegt, als was in Reichsabschieden
beschlossen gewesen, und er habe das Trienter Konzil stets als Mittel zur fried-
lichen Überwindung der Spaltung im Glauben betrachtet; da das Konzil bei
vielen Ständen „die verhofft frucht nit würket“, verspreche er im Namen des
Kaisers, daß auch weiterhin („hinfuro“) kein Stand wegen der Religion „mit der
Tat“ bedrängt und in Bälde („schirist“) ein Reichstag gehalten werden solle, um
eine Verständigung darüber herbeizuführen, auf welche Weise – abermals durch
Konzil oder durch Reichsversammlung9 – die Frage des Glaubenszwistes er-
örtert und verglichen werden könnte, und das gefundene Übereinkommen solle
dann gelten. Mittlerweile solle jeder Stand wegen Religion und Nutznießung
der in seinem Besitz befindlichen geistlichen Güter unbehelligt bleiben.
Die Bewilligung dieses Anstandes hatte Karl zwar nicht angeregt, aber auch
keinen Einwand dagegen erhoben; denn sie war das notwendige Korrelat zu der
Vertagung des Gesamtproblems und hatte Parallelen in den Religionsverhand-
lungen im Umfeld früherer Reichstage. Insgesamt war indessen dieser Teil der
Resolution ziemlich allgemein gehalten, und so entscheidende Punkte wie die
Gültigkeitsdauer des Anstandes und die Durchsetzung der Ergebnisse des
Reichstags waren wenig präzise formuliert. Daß man sich den gefaßten Be-
7 Druffel 2, S. 223–232, Karl an F., 11.3.1552, bes. s. 231: „bien vous veulx-je aviser ... de non
entrer si avant sur ce point de laditte religion ... et si se vouldroit mieux, remectre à ce que s’en
pourroit communiquer avec les communs estatz“; vgl. Kühns, S. 28
8 Druffel 3, S. 402–406, bes. S. 404f.; vgl. Bundschuh S. 14
9 Ferdinand hatte als weitere Alternative „Nationalkonzil“ aufgeführt; Karl strich das mit Rück-
sicht auf die Kurie, wollte es aber als taktische Waffe noch behalten (Druffel 2, S. 428; ähnlich
auch Bundschuh, S. 15).
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien