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Vorentscheidung im Juli und August: Resolution oder Prorogation 89
wirden, reputation und wesen bleiben und erhalten werden mocht“326. Seine
künftige Resolution zu dem Ständebedenken sollte als von diesen Gesichts-
punkten geleitet verstanden werden. Die Verknüpfung von Religions- und
Landfrieden nahm der König zustimmend zur Kenntnis und mahnte unter
Hinweis auf die Nachrichten über Truppenwerbungen in Niedersachsen zur
Eile bei den Beratungen über dessen Handhabung. Um den Ernst der Lage zu
unterstreichen, forderte Ferdinand die beteiligten Stände auf, direkt im An-
schluß an die Reichstagssitzung mit ihm in Besprechungen über die Beilegung
des Konfliktes zwischen der Fränkischen Einung und dem Hause Brandenburg
einzutreten, mit dem er die niederdeutschen Truppenwerbungen in Zusam-
menhang sah327.
Dem König stellten sich nunmehr drei Aufgaben: (1) Das Votum zu prüfen
und die Beantwortung zu erarbeiten. (2) Den Kaiser zu informieren und ihm
nach Möglichkeit eine weiterführende Meinungsäußerung zu entlocken als den
wohlfeilen Rat, er möge alles tun, „damit unsere ware christliche religion er-
halten“ werde328. (3) Abzuwägen, wann er seine Antwort den Ständen eröffnen
sollte.
Vorentscheidung im Juli und August: Resolution oder Prorogation
Noch am Tage der Übergabe begann Ferdinand mit seinen Räten die kritische
Durchsicht des Ständebedenkens329 und setzte sie am folgenden Sonntag fort.
Hornung hat darüber in seinem Protokoll ausführlich berichtet330. In diesen
Beratungen, in denen die einzelnen Artikel der Reihe nach besprochen wurden
und Ferdinand mehrere Entscheidungen zur Sache wie auch zu einzelnen For-
mulierungen traf, sind die Grundzüge der Resolution des Königs festgelegt und
von Vizekanzler Jonas zu einem Entwurf verarbeitet worden, von dem sich die
schließlich am 30. August den Reichsständen übergebene Fassung nicht we-
sentlich unterscheidet331. Die Räte diskutierten außerdem kontrovers über die
Frage, ob nunmehr zu dem Gesamtentwurf Stellung genommen werden sollte
oder ob es besser sei, zuvor in Sondergesprächen den Protestanten die Auffas-
sung des Königs zu den beiden zwischen den Ständen strittigen Punkten mit-
zuteilen und sie nach Möglichkeit zum Nachgeben zu bewegen. Für diesen
Gedanken wurde vorgebracht, daß bei einem negativen Ergebnis der Frieden an
ihren „unbilligen“ Forderungen bzw. Weigerungen scheitere und nicht daran,
daß der König anderen Punkten, über die die Stände sich geeinigt hätten, die
326 Lutz/Kohler, S. 70
327 Lutz/Kohler, S. 72; Lent, S. 29f.
328 Karl an F., Brüssel, 9.6.55 (Druffel 4, S. 684). Diese Bemerkung zum Entwurf des Fürstenrates
sollte die letzte des Kaisers zu den Augsburger Religionsberatungen bleiben.
329 Die These von Lutz, Christianitas S. 367, Ferdinand habe erst jetzt unmittelbar in das Ringen
um den Religionsfrieden eingegriffen, dürfte durch das Vorhergehende widerlegt sein.
330 Lutz/Kohler, S. 73–78
331 Die Resolution ist gedruckt bei Lehmann 1, S. 32–36, und bei Bucholtz 7, S. 195–207; Jonas’
Entwurf in HHStA Wien, RK RTA 29b II 22 mit der Aufschrift: Conceptum Replica regiae
Mtis.
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien