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Kapitel 1: Ferdinand und der Augsburger
Religionsfrieden112
überreichte Ferdinand im Gegenzug seine Resolution zum Religionsfrieden.
Beide Seiten betonten dabei, daß sie zwischen den beiden Problemen ein Junk-
tim sahen; der König sagte seinerseits eine rasche Antwort zu und verlangte sie
ebenso von den Reichsständen, sonst müsse er den Reichstag doch noch proro-
gieren oder abreisen468. Beide Punkte unterstrich Ferdinand noch persönlich in
einer kurzen Ansprache, in der er wieder einmal die prekäre Lage seiner Er-
blande betonte, die seine Anwesenheit längst erfordert hätte469.
Bei der Prüfung der ständischen Papiere im königlichen Rat berichteten die
Sachbearbeiter, daß der Kurfürstenrat sich fast allen Verbesserungsvorschlägen
aus den beiden anderen Kurien gegenüber unzugänglich gezeigt habe. König
Ferdinand entschied darum, jetzt auf weitere Auseinandersetzungen zu ver-
zichten, im großen und ganzen zuzustimmen und es der Zukunft zu überlassen,
was nachgebessert werden müsse470. Dieser Richtlinie ist anscheinend die eine
der beiden zunächst konzipierten eindeutigen Stellungnahmen zu den beiden
zwischen den Reichsständen unverglichenen Punkten zum Opfer gefallen: Zur
Einbeziehung der Reichsspitze bei schwerwiegenden Friedensstörungen wollte
der König, falls die Stände sich nicht einigten, den Vorschlag des Fürstenrates
akzeptieren, der durch einen Zusatz ergänzt werden müßte, daß der Erzbischof
von Mainz dem abwesenden Kaiser den Termin des Deputationstages sofort
mitteilen müsse, um die Entsendung von Kommissaren zu ermöglichen471. Als
Begründung war vorgesehen, weil es „der Rö. Kay. Mt. als des Haubts gebu-
renden ere und reputation mer zuetreglich, und an ime selbst billicher ist, das
solche grosse zusammenkhunfft on irer Kay. Mt. Commissari und bevelchhaber
gegenwertigkait nit gehallten werde“; ebenso sollte die Bestellung des Obersten
billigerweise von den kaiserlichen Kommissaren „von wegen des haubts vorge-
nommen, benennt und verordnet werden“. In Ferdinands Mitteilung an Karl
über die geplante Resolution ist diese Argumentation noch angedeutet472; sie
wurde dann aber ersetzt durch die blasse Aufforderung, man möge sich einigen
oder dem König die Entscheidung überlassen473.
Um so deutlicher wandte er sich in der strittigen Frage über die Ächtung ge-
gen den Kurfürstenrat: Die angestrebte Ausnahmestellung der Fürsten bei
Achturteilen lehnte er aus rechtlichen Erwägungen ab, denn sie bringe „die
hochst ungleicheit mit sich zwischen den geweltigern und schwechern, und
wurd der geringern stend keiner gegen chur oder fursten zur execution des
rechten kommen können“474. In der Resolution wurde zur Begründung ausge-
führt, die vom Kurfürstenrat vorgeschlagene umständliche Prozedur verlängere
468 Lutz/Kohler, S. 102f; für die Stände vgl. auch Lent, S. 36.
469 HHStA Wien, RK RTA 32, fol 448v (Protokoll des Fürstenrats); Wolf, Religionsfrieden, S. 154
470 „Dann mit der zeit und wann die ordnung ins werk gericht, konne man sie allweg bessern,
endern und in ein bestendige lautere ordnung brengen.“ (Lutz/Kohler, S. 104)
471 Soweit die Notierung Hornungs bei Lutz/Kohler, S. 106f. Zum Folgenden vgl. den von Jonas
korrigierten Entwurf der königlichen Resolution (HHStA Wien, Hs. weiß 604, fol 431–435);
die nachstehend zitierte Passage (fol 432r/v) ist durchgestrichen.
472 Druffel 4, S. 714: F. an Karl, 3.9.1555
473 Wie Anm. 471, fol 432r auf dem Rand ausgeführt (nicht von Jonas)
474 Lutz/Kohler, S. 109
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien