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Kapitel 2: Der Regensburger
Reichstag170
cher Fürsten sprachen sich eindeutig für das Generalkonzil als den seit alters in
der Kirche gebräuchlichen Weg aus; gegen die drei Alternativen brachten die
kurfürstlichen Räte vor, daß der Papst sie sämtlich ablehne. Dagegen trat Eber-
hard von der Thann als erster evangelischer Sprecher entschieden für ein Collo-
quium ein, da das „frei christlich concilium“, an das die Protestanten immer
wieder appelliert hätten, nicht zu erhalten gewesen sei, und präzisierte seine
Forderung, indem er als Richtschnur für die Erörterungen der Glaubensfrage
Gottes Wort, die Beschlüsse der vier ersten Konzilien und die der heiligen
Schrift adäquaten Lehren der Kirchenväter aufzählte. Im Unterschied zu ihm
nahm der Sachse Dr. Lindemann nur gegen General- und Nationalkonzil Stel-
lung, obwohl er ersteres grundsätzlich als geeignet anerkannte, doch zum Col-
loquium beließ er es bei der Bemerkung, anscheinend neige der König zu die-
sem Weg, äußerte sich aber nicht zu dessen Modalitäten, während der ihm im
wesentlichen beipflichtende Brandenburger von einem „freien colloquium“
frommer und gelehrter Männer sprach.
Noch anders waren die Akzente im anschließenden Votum von Zasius ge-
setzt. Zum Generalkonzil räumte er ein, es gebe keinen „fuglicheren und richti-
geren“ weg, indessen sei es kurzfristig leider nicht zu erlangen; ein National-
konzil sei nicht erstrebenswert, weil „in der kirchen so ungepreuchlich“; Collo-
quia hätten zwar bisher „meher verpitterung dan befürderung“ bewirkt, den-
noch gebe es zur Zeit keinen „furderlicheren weg“. „So were demnach ir der
Österreichischen bedencken, das der weeg aineß ordenlichen vertrauenlichen
gesprechs und colloquii nochmalln und zu diser zeitt vor den andernen zu er-
welen. Diser gestalt das ettliche thaugliche erbare gelerte friedliebende und
schiedliche personen in enger anzal nidergesetzt und inen bevolhen wurde, sich
von den mittlen und weegen, dardurch die haubtspaltungen und straittigkhait-
ten der hailligen religion inn ain cristliche und gottsälige vergleichung gebracht,
cristlich und freundtlich zu unterreden, alleß gezenck und unnötige disputatio-
nen hindan zu setzen und allain ainer cristlichen und gottgefälligen verglei-
chung nachzutrachten. Auch alleß allain per viam consultationis unverpindtlich
dergestallt, weß under inen genntzlich oder zum thaill verglichen, daß sie das-
selbe alleß volgents der Kon. Mt., Churf., fursten und gemainen stenden zu
vernerer beratschlagung und erledigung notturftiglichen anbringen sollten“175.
Bemerkenswert an Zasius’ Ausführungen ist zweierlei: (1) Das Colloquium
sollte nicht in Gestalt einer Disputation durchgeführt werden, also in jener an
den Universitäten üblichen Form, die auch in zahlreichen öffentlichen Veran-
Anm. 13); schon Bucholtz 7, S. 361–365 hat aus dem Protokoll zitiert, die Voten der verschie-
denen Tage aber teilweise zusammengezogen.
175 HHStA Wien, RK RTA 32, fol 316r/v. Mit der falschen Aufschrift „1555 Religion Prothocoll“
liegt dieses Protokoll über die Regensburger Verhandlungen vom 9.-14.12.1556 (fol 300–338)
zwischen Akten zum Augsburger Reichstag von 1555.
Zum Vergleich die kürzere Passage aus dem Mainzer Protokoll (wie vorige Anm., fol 72r):
„So stimmten sie auch auf solchen weg colloquii doch das zuvorderst preparatoria gemacht und
abgeschafft wes hievor im weg gelegen, nemblich alle weitleuffigkait und das die sachen per viam
consultationis und nit disputationis durch etliche gottes furchtige glerte leut furgenommen, die
in gleicher anzal zu setzen, welche ire consultationes an kaiser und konig auch die stendt zu ge-
langen ferner darauf zu handlen wie im reich in viis consultationis herkomen.“
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien