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Kapitel 9: Die Sicherung der Nachfolge im
Reich586
her ist kein Beleg kurfürstlicher Provenienz für ernsthafte Überlegungen in
dieser Richtung bei einem von ihnen beigebracht worden. Von Friedrich III.
von der Pfalz, der sich wegen seiner Sympathien für den Calvinismus zuneh-
mend im evangelischen Lager isolierte, gibt es keine Kandidatenvorschläge107.
Wenn Joachim von Brandenburg im November 1561 gegenüber dem sächsi-
schen Gesandten Cracow eine ganze Reihe anderer Kandidaten durchspielte108,
so war das eitel Spiegelfechterei, denn er hatte sich längst auf Maximilian fest-
gelegt. Kurfürst August scheute sich zwar nicht vor Konflikten, wenn es um
seine landesherrlichen Interessen ging, aber eine eigene Kandidatur für das Kai-
sertum hat er mehrmals unmißverständlich abgelehnt109. Und welche Vorteile
hätte ihm eine Wahl des dänischen Königs Friedrich bringen können, auch
wenn er sein Schwiegersohn war? Dänemark war weit weg, der Habsburger
aber sein Nachbar, und so zog er es vor, am Kaiserhof von sich aus eine däni-
sche Kandidatur ebenso wie eine eigene dementieren zu lassen110. Ferdinand
kannte alle drei Kurfürsten persönlich und war ein erfahrener Politiker. Er hatte
1558 beobachten können, wie schwer sich das Kurkolleg tat, vom in der Golde-
nen Bulle geregelten Normalfall bei der Nachfolge abzuweichen. Vivente et
praesente imperatore einen anderen als den vom regierenden Kaiser Vorge-
schlagenen zum König zu wählen, wäre eine gravierende Neuerung gewesen,
die zu planen und gegen die Habsburger durchzusetzen keiner der Kurfürsten
des Jahres 1561 das Format hatte. Allenfalls bestand das Risiko, daß sich einige
von ihnen vorab über einen Kandidaten bei der nächsten Thronvakanz verstän-
digten und dann die Wahl vivente imperatore verweigerten. In der Antwort an
den Wettiner räumte Ferdinand zwar ein, von Kandidaturen einiger Potentaten
gehört zu haben, tat sie aber als „gemeines geschrey“ ab, an das er schon darum
nicht geglaubt habe, weil „bey uns nicht vermutlich (wie es dann auch bisher
nicht gebräuchlich gewesen) das ... [die Kurfürsten] ... sich bey unsern als eines
regierenden Römischen Kaysers Lebzeiten zu einiger election eines künfftigen
Röm. Kaysers oder königs ausserhalb unsers Vorwissens, Willens und Beförde-
rung sollten bewegen lassen“, und er meine, dazu keinen Anlaß gegeben zu
haben111.
Die Vorbereitung der Wahl
Ferdinands Entschlossenheit, die Regelung seiner Nachfolge nunmehr in An-
griff zu nehmen, belegt eine nur wenige Tage nach dem Empfang jener vertrau-
Commendone. Beide waren in der Bewertung von Gerüchten nicht besonders scharfsinnig. Ka-
tharina von Medici hat diesen Meldungen keine Bedeutung beigemessen (vgl. Ferrière 1, S. 208f).
107 Das hat Duchhardt, Kaisertum, S. 65f, überzeugend nachgewiesen.
108 Goetz, Wahl, S. 81f
109 So schon 1556 (Goetz, Wahl, S. 46) und erneut Ende 1561 (ebda, S. 92). Man muß auch stets
erwägen, ob es sich bei den „Angeboten“ um mehr als Schmeichelei oder Ausforschen gehandelt
hat.
110 Moser, Wahlkapitulation, S. 565ff: F. an Maximilian, 21.10.1561, über sein Gespräch mit Kram;
vgl. Goetz, Wahl, S. 72
111 F. an Kurfürst August, 21.10.1561 (Moser, Wahlkapitulation, S. 562)
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien